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Erbschaftssteuer: So erben Sie steuerfrei

Jérôme Grad
Verfasst von Jérôme Grad
Zuletzt aktualisiert: 23. April 2021
Lesedauer: 10 Minuten
© Damir Khabirov / istockphoto.com

Wer eine Geldsumme oder Immobilie erbt, steht oftmals plötzlich vor der Frage: Muss ich auf die Erbschaft Steuern zahlen? In den meisten Fällen ist das nicht notwendig. Welche Freibeträge Ihnen bei der Erbschaft zustehen und welche Steuerlast auf Sie zukommt und wie Sie die Zahlungen legal umgehen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Alles auf einen Blick:

  • Die Erbschaftssteuer tritt ein, wenn der Wert eines Erbes den für Sie geltenden Freibetrag übersteigt.
  • Über eine anfallende Steuerlast entscheidet das Finanzamt, nachdem Sie die Erbschaftserklärung abgegeben haben.
  • Der Steuerfreibetrag variiert, wie bei der Schenkungssteuer, je nach Verwandtschaftsverhältnis. Den höchsten Freibetrag erhalten Ehepartner mit 500.000 Euro, immerhin 20.000 Euro sind es noch bei Freunden.
  • Das Verwandtschaftsverhältnis gibt wiederum die Steuerklasse vor. Daraus ergibt sich der zu entrichtende Prozentsatz.
  • Um die Zahlung zu umgehen, können Sie beim Freibetrag den Hausratswert, den Versorgungsfreibetrag und andere Gegenstände geltend machen. Bei einer geerbten Immobilie müssen Sie in dieser für zehn Jahre wohnen.

Definition und Begriffserklärung

Die Erbschaftssteuer ist im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz geregelt. Sie wird dann fällig, wenn Sie einen Steuerbescheid vom Finanzamt erhalten. Die Verjährungsfrist liegt bei vier Jahren.

Was ist die Erbschaftssteuer?

Die Erbschaftssteuer ist die Steuer, die unter gewissen Umständen fällig wird, wenn ein Erblasser einem Erben etwas vermacht.

Warum gibt es die Erbschaftssteuer?

Diese Steuer bei Erbschaft geht auf die Tradition aus dem Mittelalter zurück. Damals wurde ein Totenzoll an den Landesherren verrichtet.

Heutzutage kassiert der Staat bei größeren Summen ebenfalls mit. Die Steuerzahlungen fließen in die Kassen der Bundesländer und machen in den neuen Bundesländern ein Prozent und in den alten bis zu drei Prozent des Haushalts aus.

Wo ist sie geregelt?

Die Steuer ist zusammen mit der Schenkungssteuer im Erbschaftsteuer- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) geregelt. Im deutschen Gesetzestext wird sie als Erbschaftsteuer definiert. Im Sprachgebrauch in Deutschland hat sich allerdings die Schreibweise Erbschaftssteuer durchgesetzt.

Wann wird sie fällig?

Die Erbschaftssteuer wird prinzipiell dann fällig, wenn Ihnen ein Steuerbescheid ergeht. Dies ist der Fall, wenn ein Erblasser dem Erben etwas vermacht, einer der beiden einen ständigen Wohnsitz in Deutschland hat und der Betrag eine bestimmte Summe, den Freibetrag, übersteigt. In den meisten Fällen wird eine Steuerzahlung bei Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern und Kinder nicht fällig, da die Höhe des Freibetrags im sechsstelligen Bereich liegt.

Anders sieht es meist bei Immobilien aus. Um den Wert einer Immobilie zu ermitteln, wird der Verkehrswert zu Rate gezogen.

Wer erhebt die Erbschaftssteuer?

Erhalten Sie ein Erbe, verlangt das zuständige Finanzamt eine Erbschaftserklärung, in der Sie die Höhe der Erbschaft angeben müssen. Daraus ermittelt die Behörde dann, ob eine Steuerpflicht besteht. Ihre Erklärung muss innerhalb von drei Monaten nach dem Erwerb erfolgen. Als Erwerbstag wird meist der Todestag herangezogen.

Das Schreiben sollte folgende Angaben enthalten:

  • Persönliche Angaben: Name, Beruf, Wohnsitz, Steueridentifikationsnummer und persönliches Verhältnis zum Vererbenden
  • Angaben zum Erblasser: Wohnsitz, Todestag und Sterbeort
  • Angaben zum Erwerb: Gegenstand und Wert, Rechtsgrund des Erwerbs (gesetzliche Erbfolge), Zuwendungen in der Vergangenheit

Zudem benötigen Sie für die Erbschaftserklärung das Verzeichnis über den Nachlass, das Vermögen aller Art (beispielsweise Bargeld oder Aktien), Immobilien und Gegenstände (beispielsweise Dokumente oder Kunstsammlungen) auflistet.

Wie lange dauert es, bis der Bescheid kommt?

Die Zeitspanne, bis Sie nach der Erbschaftserklärung den Bescheid mit der Aufforderung zur Zahlung erhalten, variiert. In einigen Fällen kann der Brief nach einigen Wochen per Post kommen, meist dauert es allerdings länger, manchmal bis zu zwei Jahre. Lässt sich das Finanzamt mit dem Bescheid zu lange Zeit, verjährt die Erbschaftssteuer.

Wann verjährt die Erbschaftssteuer in Deutschland?

Der Anspruch des Finanzamtes verjährt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb von vier Jahren nach Ihrer Erbschaftserklärung mit dem Erbschaftssteuerbescheid meldet. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem Sie die Erbschaftserklärung über Ihr geerbtes Vermögen abgegeben haben.

Freibeträge

Der allgemeine Steuerfreibetrag erlaubt Ihnen, einen Betrag in gewisser Höhe zu erben, ohne dass Sie Steuern auf die Erbschaft abführen müssen. Der exakte Betrag ist nach Steuerklassen gestaffelt, die sich wiederum aus dem Verwandtschaftsverhältnis ergeben.

Welche Steuerklassen gibt es?

Nach §15 des ErbStG gibt es drei verschiedene Steuerklassen. Diese regeln, wie hoch der Freibetrag ist, also der Betrag, die bei einem Erbfall nicht versteuert werden muss. Wie bei der Schenkungssteuer ist die Steuerklasse maßgebend für den Steuersatz und hat nichts mit der Lohnsteuerklasse gemeinsam.

In der Steuerklasse I sind alle Kinder vertreten, sowohl die leiblichen und adoptierten, als auch die Stiefkinder. Dieser Steuerklasse werden automatisch auch alle Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften, Enkel, Eltern und Großeltern zugewiesen.

In der Steuerklasse II finden sich die Geschwister und deren Kinder wieder. Zudem sind auch Stiefeltern, Schwiegereltern und -kinder sowie geschiedene Ehepartner in diese Klasse eingeteilt.

In Steuerklasse III sind alle restlichen Erben vertreten, Freunde, weiter entfernte Verwandte, wie Cousins und Cousinen, aber auch Organisationen.

Wie hoch ist der Freibetrag?

Innerhalb der Steuerklasse I sind die Freibeträge unterschiedlich geregelt und reichen von 500.000 Euro für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner bis zu 100.000 Euro für Eltern und Großeltern.

In Steuerklasse II erhalten die Erben einen Freibetrag von 20.000 Euro, also deutlich weniger.

In Steuerklasse III liegt der Freibetrag ebenfalls bei 20.000 Euro, der Steuersatz ist allerdings deutlich höher als in Steuerklasse II.

Verhältnis Erblasser – ErbeSteuerklasseFreibetrag in Euro
Ehegatten und eingetragene LebenspartnerI500.000
Kinder und Enkel, wenn die Eltern verstorben sindI400.000
EnkelI200.000
Eltern und GroßelternI100.000
Geschwister und deren Kinder, Schwiegereltern, Schwiegerkinder, geschiedene Ehegatten, StiefelternII20.000
Freunde, Onkel, Tanten, Cousins, Cousinen, nicht verheiratete LebenspartnerIII20.000

Zudem können Sie bei der Berechnung des Steuerfreibetrags den Versorgungsfreibetrag geltend machen, ein Vorteil, den Sie im Vergleich zur Schenkungssteuer haben. Der Versorgungsfreibetrag soll den Hinterbliebenen für den Krankheits- und Altersfall als Vorsorge dienen. Ehegatten erhalten nach §17 des ErbStG einen besonderen Versorgungsfreibetrag von 256.000 Euro. Bei Kindern variiert der Betrag je nach Alter zwischen 10.300 Euro für einen bis zu 5-Jährigen und 52.000 Euro für einen 27-Jährigen. Die volle Höhe gilt nur dann, wenn keine anderen Versorgungsbeiträge geltend gemacht werden können, wie beispielsweise die Witwen- oder Waisenrente.

Berechnung

Wie hoch Ihre Abgabe ausfällt, hängt von der Steuerklasse ab. Die Geldsumme definiert den entsprechenden Steuersatz. Dabei müssen Sie nur den Betrag versteuern, der über dem jeweiligen Freibetrag liegt.

Wie hoch ist die Erbschaftssteuer in Deutschland?

Um die Höhe der zu zahlenden Erbschaftssteuer zu ermitteln, müssen Sie zwei Komponenten betrachten: Den geerbten Gesamtbetrag und die Steuerklasse. Übersteigt der Betrag den anzuwendenden Freibetrag, gibt der Steuersatz den abzutretenden Betrag vor. Das heißt, erst nach Abzug des Freibetrags ergibt sich der Betrag, auf den der Prozentsatz angewendet werden kann. Insgesamt gibt es sieben Stufen, in denen der Steuersatz, je nach Steuerklasse, unterschiedlich hoch ausfallen kann.

Wie wird die Erbschaftssteuer berechnet?

Für die Steuer ist die Beziehung zwischen Erblasser und Erbe entscheidend. Denn daraus ergibt sich der Freibetrag und die Steuerklasse. Je nach Höhe des zu versteuernden Betrags fällt dementsprechend ein gewisser Prozentsatz an Erbschaftssteuer an. Prinzipiell gilt: Je enger die Beziehung ist, desto höher ist der Freibetrag.

Wert der Erbschaft in EuroProzent in Steuerklasse IProzent in Steuerklasse IIProzent in Steuerklasse III
Bis 75.00071530
75.001 – 300.000112030
300.001 – 600.000152530
600.001 – 6.000.000193030
6.000.001 – 13.000.000233550
13.000.001 – 26.000.000274050
Über 26.000.000304350

Beispiel: Sie erben von Ihren Eltern eine Geldsumme von 600.000 Euro. Da Sie als Kind einen Freibetrag von 400.000 Euro haben, werden 200.000 Euro steuerpflichtig. Als Kind sind Sie der Steuerklasse I zugeordnet. Somit müssen Sie auf die 200.000 Euro elf Prozent Steuern bezahlen. Vorbehaltlich des Versorgungsfreibetrags, den Sie unter Umständen geltend machen können, werden also 22.000 Euro fällig. Somit erhalten Sie 578.000 Euro an Erbe.

Generell gilt für Ehepartner: Eine Steuerzahlung fällt erst bei einem Betrag von über 756.000 Euro an. Diese Summe ergibt sich aus dem Freibetrag und dem Versorgungsfreibetrag. Letzterer hängt bei Kindern vom Alter ab, weswegen die steuerfreie Summe variiert.

Sonderfall: Den steuerfreien Zugewinnausgleich kann der Erbe beantragen, wenn das Ehepaar zum Erbfallzeitpunkt im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebte.

TIPP:
Wenn Sie beim Wert der Erbschaft nur knapp eine niedrigere Stufe überschreiten, beispielsweise 600.200 Euro, können Sie seit 2016 eine Härtefallregulierung beantragen. So können Sie unter Umständen einen geringen Steuersatz erreichen.
 

Wer zahlt Erbschaftssteuer in Deutschland?

Diese Steuerart muss prinzipiell jeder zahlen, der in Deutschland wohnhaft gemeldet ist und über den gesetzlich vorgeschriebenen Freibetrag kommt. Bei Ehepartnern und Kindern kann der Versorgungsfreibetrag den nicht zu versteuernden Betrag noch erhöhen.

Ausnahmen

Um keine Erbschaftssteuer zahlen zu müssen, sollten Sie unter dem jeweiligen Freibetrag bleiben. Gelingt dies nicht, gibt es noch weitere Möglichkeiten, um eine Steuerbefreiung zu ermöglichen.

Wie kann man die Erbschaftssteuer vermeiden?

Neben dem Versorgungsfreibetrag, der bei Ehegatten und Kindern greift, können Sie als Erbe in Steuerklasse I einen Hausratswert von 41.000 Euro geltend machen. Andere, sogenannte bewegliche Gegenstände, wie Kunstobjekte und Sammlungen, bleiben bis 12.000 Euro steuerfrei. Beide Werte werden nicht vom individuellen Freibetrag abgezogen. Erben der Steuerklasse II und III sind auch in dieser Kategorie schlechter gestellt und dürfen einen Gesamtwert von 12.000 Euro für beide Punkte nicht überschreiten.

Sonderfall Immobilie: Hat der Erblasser das Haus oder die Wohnung selbst bewohnt, kann die Steuer beim Erwerb erlassen werden. Dies trifft dann zu, wenn der Erbe Ehepartner, eingetragener Lebenspartner oder Kind ist und die Immobilie der Lebensmittelpunkt ist. Erlaubt sind bei Erbschaften von Kindern nur 200 Quadratmeter. Zudem muss der Erbe die erworbene Immobilie zehn Jahre lange selbst nutzen. Bei einem Verkauf oder einer Vermietung vor Fristende können nachträglich Steuern fällig werden. Diese Regelung gilt auch bei Enkelkindern, wenn das Kind des Erblassers bereits verstorben ist.

Im ErbStG sind auch die vermieteten Immobilien mit einer Ausnahmeregelung belegt. So wird eine solche Immobilie mit 10 Prozent Abschlag festgesetzt, also nur 90 Prozent des eigentlichen Verkehrwerts.

Bei Immobilien wird der Verkehrswert zur Ermittlung des fälligen Betrags herangezogen, also die Summe, die bei einem Verkauf voraussichtlich erzielt würde. Das Finanzamt bestimmt den Wert und orientiert sich dabei an Durchschnittswerten. Sie haben allerdings die Möglichkeit, einen Gutachter mit der Bewertung der Immobilie zu beauftragen. So können Sie etwaige Wertminderungen geltend machen, um die Steuerlast zu drücken. Erkennt das Finanzamt dieses Gutachten nicht an, haben Sie noch die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen.

Was ist von der Erbschaftssteuer absetzbar?

Bei vererbten Betriebsvermögen gibt es zwei Möglichkeiten, das Erbes nicht oder nur teilweise besteuern zu lassen. Diese sind in §13 des ErbStG geregelt.

Bei der ersten Möglichkeit werden nur 15 Prozent des Betriebsvermögens besteuert. Voraussetzung dafür ist, dass der Erbe das Unternehmen fünf Jahre fortführt, ohne es zu veräußern. Eine teilweise Veräußerung ist nur dann gestattet, wenn damit Schulden abgebaut werden können. Zudem muss bei einem Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern die Lohnzahlung des Nachfolgers über die nächsten fünf Jahre mindestens 400 Prozent der Durchschnittslohnsumme der vergangenen fünf Jahre betragen. Die dritte Voraussetzung besteht darin, dass das Verwaltungsvermögen des Unternehmens maximal 50 Prozent umfasst.

Komplett steuerfrei bleibt das Vermögen bei der zweiten Möglichkeit. Voraussetzung hierfür ist, dass der Erbe das Unternehmen mindestens sieben Jahre fortführt, ohne es zu veräußern. Das Verwaltungsvermögen darf maximal 10 Prozent betragen. Zudem müssen die Lohnzahlungen des Nachfolgers über sieben Jahre mindestens 700 Prozent betragen.

Fazit

Wenn Sie ein Vermögen erben, kann darauf Erbschaftssteuer anfallen. Die Entscheidung trifft das zuständige Finanzamt, bei dem Sie eine Erbschaft stets melden müssen. Die Höhe der Steuerzahlung hängt von Ihrem Verhältnis als Erbe zum Vererbenden ab. Denn je näher Sie dem Erblasser standen, desto höher ist der Freibetrag, den Sie nicht versteuern müssen. Übersteigt der Wert der Erbschaft diesen Betrag, fallen Steuern an. Das Verwandtschaftsverhältnis und die Höhe der Summe bestimmen die exakte Steuerschuld.

Über unsere*n Autor*in
Jérôme Grad
Nach seinem Studium verschrieb sich Jérôme komplett der Tätigkeit als Redakteur, zunächst im Sportbereich, später im Zeitungsverlag. Journalistische Erfahrungen sammelte er in Print- und Onlineredaktionen, darunter unter anderem beim Kicker Sportmagazin und nordbayern.de.