Steuer-Berater.de Icon
Lohn- und Einkommensteuer

Einkommensteuervorauszahlung: Doppelbelastung durch Vorauszahlung und Nachzahlung

Jérôme Grad
Verfasst von Jérôme Grad
Zuletzt aktualisiert: 10. März 2022
Lesedauer: 10 Minuten
© mactrunk / istockphoto.com

Nachzahlungen bei der Einkommensteuer sind ein ärgerliches Thema. Doch aus dem Steuerbescheid resultierende Vorauszahlungen sind noch ärgerlicher. Wann dieser Fall eintritt, wie Sie dann vorgehen und welche Möglichkeiten es gibt, eine Doppelbelastung zu umgehen: Wir sagen es Ihnen.

Alles auf einen Blick:

  • Die Einkommensteuervorauszahlung gilt für Selbstständige und Arbeitnehmer.
  • Sie wird vom Finanzamt festgesetzt und ist quartalsweise zu begleichen.
  • Durch Nachzahlungen kann eine Doppelbelastung entstehen.
  • Bei veränderten Einkommensverhältnissen haben Sie die Möglichkeit, den Betrag zu mindern.
  • Die Frist für einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid beträgt einen Monat.


Begriffsklärung und Fristen

Die Einkommensteuervorauszahlung wird vom Finanzamt immer dann festgesetzt, wenn Sie zu wenig Einkommensteuer gezahlt haben. Die errechnete Summe muss eine Steuernachzahlung von mindestens 400 Euro in einem Kalenderjahr aufweisen. Dann werden vierteljährlich Vorauszahlungen fällig.

Was ist die Einkommensteuervorauszahlung?

Einkommenssteuervorauszahlung ist die Abschlagszahlung auf die voraussichtliche Jahressteuerschuld. Sie ist quartalsweise zu entrichten. Somit müssen Sie nicht eine hohe Summe auf einmal nachzahlen.

Die Einkommensteuer ist im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt. Um diese zu berechnen, wird das Einkommen bei der Steuererklärung zu Rate gezogen, also der Gewinn abzüglich der Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen, wie beispielsweise der Kinderfreibetrag, Unterhalt oder die Kirchensteuer.

LINKEMPFEHLUNG:
Erfahren Sie hier, wie Sie den Kinderfreibetrag beantragen und ändern.
 

Wann müssen Sie Einkommensteuervorauszahlung leisten?

Wenn Sie zu wenig Einkommensteuer in einem Jahr bezahlt haben, kann das Finanzamt nach Ihrer Steuererklärung eine Einkommensteuervorauszahlung anordnen. Zur Einkommensteuerzahlung sind prinzipiell laut EStG alle Personen verpflichtet, die in Deutschland wohnhaft gemeldet sind und mehr als 9.168 Euro im Jahr (Stand: 2019) verdienen.

Die Einkommensteuervorauszahlung betrifft vor allem steuerpflichtige Selbstständige und Gewerbetreibende. Die Zahlung der Einkommensteuer der Arbeitgeber, Lohnsteuer genannt, wird monatlich vom Arbeitgeber abgeführt. Allerdings können nach dem Bürgerentlastungsgesetz von 2009 Arbeitnehmer und Rentner von einer Vorauszahlung betroffen sein.

Wie wird die Einkommensteuervorauszahlung berechnet?

Entscheidend für die Bestimmung der zu leistenden Einkommenssteuer ist der letzte Steuerbescheid. Die Höhe der Einkommensteuervorauszahlung ist von der Beitragszahlung des gesamten Jahreseinkommens abhängig. Sie wird durch den Steuerbescheid nach Abgabe der Steuererklärung festgesetzt. Beim Bescheid handelt es sich um eine Schätzung des Finanzamtes anhand der letzten Veranlagung.

Für die festgesetzte Vorauszahlung werden die Lohnsteuer und Kapitalertragssteuer vom Einkommen aus dem letzten Veranlagungszeitraum subtrahiert. Beträgt die zu zahlende Zahl für das Jahr mindestens 400 Euro, kann eine Einkommensteuervorauszahlung fällig werden. In diesem Fall müssen Sie auch höhere Beträge für den Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls die Kirchensteuer bezahlen.

Das Festsetzen des Betrags erfolgt unter Vorbehalt, wodurch die Möglichkeit besteht, dass die Vorauszahlungssumme geändert werden kann. Zu viel gezahlte Steuerbeträge können Sie immer in der Steuererklärung für das entsprechende Jahr einfordern.

Wann wird die Vorauszahlung fällig?

Die Zahlungen sind grundsätzlich dann zu entrichten, wenn der Betrag für ein Kalenderjahr über 400 Euro und über 100 Euro für einen Zahlungszeitpunkt liegt. Die Zahlungszeitpunkte sind nach §37 des EStG quartalsweise festgesetzt und jeweils zum 10. März, 10. Juni, 10. September und 10. Dezember zu begleichen.



Nachzahlung

Steuern müssen Sie dann nachzahlen, wenn die vom Finanzamt geschätzte Summe größer ist als die tatsächlich geleistete. Als steuerpflichtiger Selbstständiger ist diese Situation nicht unüblich. Bei Ehepaaren, die im Angestelltenverhältnis arbeiten, kann die Situation auftreten, wenn sie in Steuerklasse 3 und Steuerklasse 5 veranlagt sind.

In welchem Fall müssen Sie Einkommensteuer nachzahlen?

Generell müssen Sie steuerliche Abgaben zurückzahlen, wenn Sie im Laufe des Jahres zu wenig entrichtet haben. Festgesetzt wird die Nachzahlung im Steuerbescheid, den Sie aufgrund Ihrer Steuererklärung erhalten.

Zur Berechnung einer möglichen Steuernachzahlung ermittelt das zuständige Finanzamt den gezahlten Steuerbetrag und die zu zahlenden Summe. Weist Letzterer einen höheren Wert auf, sind Sie zur Nachzahlung verpflichtet.

Selbstständige und Unternehmer sind zu einer Steuererklärung verpflichtet. Eine Steuernachzahlung ist hier nicht unüblich, da die Einkünfte schwanken können. Bei Arbeitnehmern wird die Lohnsteuer direkt vom Arbeitgeber an die Behörde abgeführt, sodass normalerweise keine Nachzahlung zu erwarten ist.

Warum müssen Sie als Arbeitnehmer Steuern nachzahlen?

Als Arbeitnehmer müssen Sie Einkommensteuervorauszahlungen leisten, wenn Sie nebenbei Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, beispielsweise bei freiberuflichen Tätigkeiten, beziehen. Zahlen Sie zu wenig Abgaben, wird eine Nachzahlung fällig.

Warum müssen Sie als Arbeitnehmer Steuern vorauszahlen?

Durch das Bürgerentlastungsgesetz von 2009 berücksichtigen Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug pauschale Vorsorgebeiträge, die Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsbeiträge. Dabei können diese geschätzten Vorsorgebeiträge höher als die tatsächlich geleisteten Zahlungen sein. Dann weisen Sie einen Fehlbetrag auf.

Von diesem Phänomen betroffen sind vor allem Ehepaare, die zusammen in Steuerklasse 3 und Steuerklasse 5 veranlagt sind. Denn in diesen Lohnsteuerklassen sind die angesetzten Vorsorgebeiträge mitunter höher als die tatsächlich gezahlten Beiträge. Da diese Vorsorgebeiträge allerdings die Steuerlast mindern, fällt der Abschlag zu hoch aus. Die Folge: Ehepaare müssen zu einem späteren Zeitpunkt Lohnsteuern nachzahlen. In diesem Fall kann das zuständige Finanzamt für das kommende Jahr Vorauszahlungen einfordern.

So kann der verwirrende Fall eintreten, dass Sie eine Steuererstattung und gleichzeitig einen Vorauszahlungsbescheid erhalten. Dies tritt beispielsweise ein, wenn Sie zu viel Kirchensteuer bezahlt haben und diese rückerstattet bekommen. Zugleich müssen Sie aber Steuern nachzahlen, da aufgrund des Wechsels in eine andere Steuerklasse die tatsächlichen Vorsorgebeiträge geringer ausfallen.

TIPP:
Bei Ehepaaren geht das Finanzamt von einer gemeinsam geleisteten Vorauszahlung aus, auch, wenn nur ein Ehepartner die Kosten begleicht. Bei der Steuererstattung wird die Summe allerdings auf beide Ehepartner aufgeteilt. Ist dies nicht gewollt, muss der zahlende Ehepartner die Behörde davon unterrichten, dass er die letzte Vorauszahlung geleistet hat.
 

Bis wann können Sie mit der Rückerstattung rechnen?

Bevor Sie Ihr Geld erhalten, bekommen Sie den Steuerbescheid. Das Finanzamt hat zur Bearbeitung sechs Monate Zeit. Als Richtwert zur Bearbeitung können Sie mit acht bis zehn Wochen rechnen. Allerdings ist eine Vorhersage nicht möglich, hängt die Bearbeitungsdauer von unterschiedlichen Faktoren wie Wohnort, Bearbeitungsaufwand und Abgabe der Steuererklärung ab. So wird der Prozess Ende Mai mehr Zeit in Anspruch nehmen, da erfahrungsgemäß ein Großteil der Steuererklärungen in diesem Zeitraum in der Behörde eintrifft.

Wenn Sie Ihren Bescheid erhalten haben, dauert es meist ein paar Tage, bis das Geld auf dem Konto eingegangen ist. Haben Sie Ihren Bescheid nach drei Monaten noch nicht erhalten, können Sie bei der Behörde nachfragen.



Doppelbelastung

Bei der Doppelbelastung müssen Sie neben der Vorauszahlung für das laufende Kalenderjahr auch eine nachträgliche Vorauszahlung für das abgelaufene Jahr erbringen. Dieses Ärgernis können Sie aber auf verschiedene Weise umgehen.

Wann entsteht eine Doppelbelastung?

Wenn Sie einen Steuerbescheid mit der Aufforderung zur Einkommensteuervorauszahlung für das nächste Jahr erhalten, wird daneben auch eine sogenannte nachträgliche Zahlung für das abgelaufene Jahr fällig.

Beispiel: Nach Abgabe der Steuerklärung für das Jahr 2017 Ende 2018 erhalten Sie eine Aufforderung zur Steuernachzahlung in Höhe von 8.000 Euro. Anfang Februar 2019 erhalten Sie die Anpassung Ihrer Vorauszahlungen für 2018 in Höhe von 8.000 Euro. Zusätzlich beträgt Ihre nächste festgesetzte Vorauszahlung, fällig am 10. März 2019, 2.000 Euro. Hinzu kommt eine nachträgliche Vorauszahlung für 2018 in Höhe von ebenfalls 8.000 Euro. Dadurch wird beim nächsten Zahlungstermin, dem 10. März 2019, ein Gesamtbetrag von 18.000 Euro fällig.

In diesem Fall haben Sie im aktuellen Jahr, eine Doppelbelastung. Sie müssen nicht nur die erhöhte Vorauszahlung des laufenden Jahres bedienen, sondern auch die nachträglichen Vorauszahlung für das abgelaufene Jahr. Um diese Summe aufbringen zu können, ist es ratsam, im Laufe des Jahres Geld beiseite zu legen.

HINWEIS:
Das Finanzamt kann eine nachträgliche Vorauszahlung bis zum 15. Kalendermonat nach dem Ablauf des Veranlagungszeitraums festsetzen, beispielsweise für das Jahr 2017 bis Ende März 2019. Eine nachträgliche Erhöhung kann allerdings nur ab 5.000 Euro erfolgen.
 

Wie kann man die Doppelbelastung umgehen?

Wenn Sie den Jahressteuerbetrag für Vorauszahlungen von 400 Euro pro Kalenderjahr nicht überschreiten, entkommen Sie der Doppelbelastung aus aktueller und nachträglicher Vorauszahlung. Sollten Sie diesen Wert allerdings übersteigen, sollten Sie entsprechende Rücklagen bilden, um den Steuernachzahlungen ohne Probleme nachkommen zu können.

Bei der Berechnung geht das Finanzamt immer davon aus, dass sich bei Ihnen nichts geändert hat. Als Selbstständiger erzielen Sie ein gleichbleibendes Einkommen. Als Ehepaar sind Sie weiterhin in der Steuerklasse 3 und 5 veranlagt und haben kein oder kein weiteres Kind. Wenn Sie in die Steuerklasse 4 wechseln oder geringere Einnahmen generieren, kann sich der Wert für die nachzahlende Einkommensteuervorauszahlung mindern und Sie die Doppelbelastung umgehen.

LINKEMPFEHLUNG:
 

Erhöhen sich Ihre Einkünfte, sind Sie nicht verpflichtet, die Behörde darüber zu informieren. Allerdings kann dies sinnvoll sein, um eine hohe Nachzahlungsforderung vorzubeugen, an die sich Vorauszahlungen anschließen können.

Um die beste Möglichkeit in Ihrem Fall zu eruieren, ist ein Besuch beim Steuerberater sinnvoll.



Einspruchsmöglichkeiten

Eine zu hohe Einkommensteuervorauszahlung kann finanziell zu einem Fiasko führen. Ist der Wert zu hoch angesetzt, können Sie Einspruch einlegen und eine Herabsetzung beantragen. Dafür müssen Sie glaubhaft Ihre geänderten Einkünfte darlegen können.

Wann können Sie gegen die Einkommensteuervorauszahlung Einspruch erheben?

Haben Sie Ihre Einkommensverhältnisse im abgelaufenen oder aktuellen Jahr verringert, können Sie jederzeit ein Herabsetzen der Vorauszahlungen beantragen. Dieser Antrag muss deutlich machen, inwieweit sich Ihre persönlichen Verhältnisse verändert haben, die zur Herabsetzung führen sollen.

Auch wenn Sie den Eindruck haben, dass ein Widerspruch im Steuerbescheid vorliegt, sollten Sie Einspruch einlegen und am besten mit Ihrem Steuerberater sprechen, der weitere Schritte einleiten kann.

Wo können Sie Einspruch erheben?

Den Antrag auf Minderung schicken Sie an das für Sie zuständige Finanzamt.

Wie können Sie gegen Einkommenssteuervorauszahlungen Einspruch erheben?

Sie können innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids Einspruch gegen den Vorauszahlungsbescheid einlegen und somit auch das Aussetzen der Vollziehung erwirken. Die Monatsfrist ist an den Poststempel gebunden und gilt ab drei Tage nach dem Poststempel des Briefs. Fällt die Monatsfrist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, ist der darauffolgende Werktag der letzte mögliche Tag zur Einreichung. Für den Einspruch wenden Sie sich an das zuständige Finanzamt.

Fazit

Die Einkommensteuervorauszahlung kann Selbstständige, Unternehmer, aber auch Arbeitnehmer treffen. Hierfür zieht das Finanzamt die Einkünfte der letzten Veranlagung zu Rate. Ergibt sich eine Steuerschuld, sind Sie verpflichtet, die Summe nachzuzahlen. Zudem kann bei einem Betrag über 400 Euro jährlich eine vierteljährliche Zahlung angeordnet werden. Geben Sie dann Ihre Steuererklärung zu einem späteren Zeitpunkt ab, kann dadurch eine nachträgliche Vorauszahlung resultieren, die in einer Doppelbelastung aus Vorauszahlungsforderungen für zwei Jahre gleichzeitig mündet. Bei veränderten Einkünften können Sie einen Antrag auf Minderung stellen.

Über unsere*n Autor*in
Jérôme Grad
Nach seinem Studium verschrieb sich Jérôme komplett der Tätigkeit als Redakteur, zunächst im Sportbereich, später im Zeitungsverlag. Journalistische Erfahrungen sammelte er in Print- und Onlineredaktionen, darunter unter anderem beim Kicker Sportmagazin und nordbayern.de.