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Was ist der Säumniszuschlag?

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 03. Dezember 2025
Lesedauer: 9 Minuten

Alles auf einen Blick:

  • Der Säumniszuschlag beträgt 1 Prozent pro angefangenem Monat des rückständigen Steuerbetrags (§ 240 Abs. 1 AO).

  • Die Bemessungsgrundlage wird auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet.

  • Eine Schonfrist von 3 Tagen gilt gemäß § 240 Abs. 3 AO allgemein – ausgenommen sind nur Bar- und Scheckzahlungen (§ 224 Abs. 2 Nr. 1 AO). Fällt das Ende der Schonfrist auf ein Wochenende oder einen Feiertag, verlängert sie sich bis zum nächsten Werktag (§ 108 Abs. 3 AO).

  • Die Säumnis beginnt erst nach Festsetzung oder Anmeldung der Steuer.

  • Ein Erlass aus Billigkeitsgründen nach § 227 AO ist bei sachlicher oder persönlicher Unbilligkeit möglich.

Säumniszuschlag Definition

Der Säumniszuschlag ist eine steuerliche Nebenleistung, die gemäß § 240 Abs. 1 AO entsteht, wenn eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet wird. Er dient als Druckmittel zur pünktlichen Zahlung, als Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung (Zinsersatzfunktion) und als Ausgleich für den Verwaltungsaufwand der Finanzbehörde.

Wie wird der Säumniszuschlag berechnet?

Die Berechnung des Säumniszuschlags folgt einem klar definierten Schema gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO.

Berechnungsformel

Der Säumniszuschlag beträgt für jeden angefangenen Monat der Säumnis 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags. Die Abrundung erfolgt auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag.

Abrundungsbeispiele

Rückständiger SteuerbetragAbgerundeter BetragSäumniszuschlag pro Monat
1.247 Euro1.200 Euro12 Euro
3.589 Euro3.550 Euro35,50 Euro
49 Euro0 Euro0 Euro

Ergebnis: Bei Steuerbeträgen unter 50 Euro entstehen keine Säumniszuschläge.

Zeitliche Berechnung

Der Säumniszuschlag entsteht für jeden angefangenen Monat. Das bedeutet: Auch eine Säumnis von wenigen Tagen über die Schonfrist hinaus löst den vollen Monatszuschlag aus.

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Einkommensteuer-Nachzahlung

Ein Steuerpflichtiger erhält einen Einkommensteuerbescheid mit einer Nachzahlung von 2.780 Euro. Die Fälligkeit ist der 15. März. Die Zahlung geht am 20. April beim Finanzamt ein.

PositionBetrag
Rückständiger Steuerbetrag2.780 Euro
Abrundung auf 50 Euro2.750 Euro
Säumnis (15.03. bis 20.04.)2 Monate
Säumniszuschlag (2.750 × 1 % × 2)55 Euro

Ergebnis: Der Steuerpflichtige muss zusätzlich zur Steuerschuld einen Säumniszuschlag von 55 Euro entrichten.

Beispiel 2: Anwendung der Schonfrist

Die Umsatzsteuer-Vorauszahlung von 4.320 Euro ist am 10. Juli fällig. Der Steuerpflichtige überweist am 12. Juli, und der Betrag wird am 13. Juli dem Finanzamt gutgeschrieben.

PositionWert
Fälligkeit10. Juli
Zahlungseingang13. Juli
Säumnis3 Tage
Schonfrist gemäß § 240 Abs. 3 AOerfüllt
Säumniszuschlag0 Euro

Ergebnis: Da die Zahlung innerhalb der dreitägigen Schonfrist einging, entsteht kein Säumniszuschlag.

Beispiel 3: Lastschriftverfahren

Bei erteiltem SEPA-Lastschriftmandat gilt die Steuer gemäß § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO am Fälligkeitstag als entrichtet, sofern der Einzug tatsächlich erfolgt. Kann die Steuer am Fälligkeitstag nicht eingezogen werden (beispielsweise wegen mangelnder Kontodeckung), liegt keine wirksame Zahlung vor. Säumniszuschläge entstehen dann ab dem ersten Tag der Säumnis, da keine der in § 224 Abs. 2 AO genannten Zahlungswirkungen eintritt.

Ausnahmen und Besonderheiten

Keine Säumniszuschläge bei steuerlichen Nebenleistungen

Gemäß § 240 Abs. 2 AO entstehen Säumniszuschläge nicht bei steuerlichen Nebenleistungen. Das bedeutet: Auf rückständige Zinsen, Verspätungszuschläge, Säumniszuschläge, Zwangsgelder und Kosten (steuerliche Nebenleistungen gemäß § 3 Abs. 4 AO) werden keine weiteren Säumniszuschläge erhoben.

Säumnis erst nach Festsetzung

Die Säumnis tritt gemäß § 240 Abs. 1 Satz 3 AO erst ein, wenn die Steuer festgesetzt oder angemeldet worden ist.

Fortbestand bei Änderung des Steuerbescheids

Wird die Festsetzung einer Steuer aufgehoben, geändert oder nach § 129 AO berichtigt, bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge gemäß § 240 Abs. 1 Satz 4 AO unberührt.

Gesamtschuldnerschaft

Bei mehreren Gesamtschuldnern kann gemäß § 240 Abs. 4 AO jeder säumige Schuldner mit Säumniszuschlägen belegt werden. Die Summe der Säumniszuschläge darf jedoch nicht höher sein als die Zuschläge, die bei Säumnis nur eines Schuldners zu entrichten wären.

Erlass aus Billigkeitsgründen

Die Finanzbehörde kann Säumniszuschläge gemäß § 227 AO ganz oder teilweise erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Dies kommt insbesondere bei plötzlicher Erkrankung, offenbarem Versehen eines bisher pünktlichen Steuerzahlers oder bei Zahlungsunfähigkeit in Betracht. Bei Zahlungsunfähigkeit wird nach ständiger BFH-Rechtsprechung regelmäßig nur die Hälfte erlassen.

Erlöschen durch Aufrechnung

Erlischt der Steueranspruch durch Aufrechnung, bleiben Säumniszuschläge unberührt, die bis zur Fälligkeit der Gegenforderung des Aufrechnenden entstanden sind (§ 240 Abs. 1 Satz 5 AO).

Stundung und Aussetzung der Vollziehung

Wird eine Stundung vor Fälligkeit beantragt, aber erst nach Fälligkeit bewilligt, ist die Stundung mit Wirkung vom Fälligkeitstag an auszusprechen. Vom neuen Fälligkeitstag an gilt wieder eine Schonfrist. Bei einem innerhalb der Schonfrist eingegangenen Stundungsantrag sind für die Zeit von der Fälligkeit bis zum Beginn der Stundung keine Säumniszuschläge zu erheben (vgl. AEAO zu § 240 Nr. 6).

Abgrenzung zu Nachzahlungszinsen

Säumniszuschläge (1 % pro Monat = 12 % p.a.) sind von Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO zu unterscheiden. Während Nachzahlungszinsen derzeit 0,15 % pro Monat (1,8 % p.a.) betragen, bleibt der Säumniszuschlag von 1 % pro Monat unverändert. Die Zinssatzsenkung bei Nachzahlungszinsen aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt nicht für Säumniszuschläge.

Verfassungsrechtliche Beurteilung

Die Höhe der Säumniszuschläge von 1 % pro Monat (12 % p.a.) ist verfassungsrechtlich umstritten, insbesondere im Niedrigzinsumfeld. Der BFH sieht in ständiger Rechtsprechung jedoch keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da Säumniszuschläge nicht primär Zinscharakter haben, sondern als Druckmittel und Verwaltungskostenausgleich dienen (vgl. BFH vom 23.8.2022, VII R 21/21).

Vorteile

  • automatisierte Berechnung: Die Höhe ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz ohne Ermessensentscheidung.

  • klare Schonfrist: 3 Tage Karenzzeit bei Überweisungen bieten Planungssicherheit.

  • möglicher Erlass: Bei Billigkeitsgründen kann die Finanzbehörde Säumniszuschläge ganz oder teilweise erlassen.

  • gedeckelter Gesamtbetrag: Bei Gesamtschuldnern wird nicht mehr erhoben als bei einem einzelnen Schuldner.

Nachteile

  • hoher Zinssatz: 1 Prozent pro Monat entspricht einem effektiven Jahreszins von 12 Prozent.

  • angefangene Monate: Auch wenige Tage Säumnis lösen den vollen Monatszuschlag aus.

  • Risiko bei fehlgeschlagener Lastschrift: Bei erteiltem SEPA-Mandat muss ausreichende Kontodeckung am Fälligkeitstag sichergestellt sein, da sonst sofort Säumniszuschläge entstehen.

  • Fortbestand bei Änderung: Säumniszuschläge bleiben auch bei späterer Herabsetzung der Steuer bestehen.

HINWEIS DER REDAKTION
Unser Steuerlexikon basiert auf dem jeweils aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Zeitpunkt der Erstellung. Da sich steuerliche Regelungen dynamisch entwickeln, können spätere Anpassungen erforderlich sein. Wir verfolgen Änderungen kontinuierlich und aktualisieren die Inhalte regelmäßig. Dieses Lexikon ersetzt keine individuelle Steuerberatung. Bitte konsultieren Sie in spezifischen Fällen einen Steuerberater.


Fazit

Der Säumniszuschlag nach § 240 AO ist ein wirksames Instrument der Finanzverwaltung zur Sicherstellung pünktlicher Steuerzahlungen. Mit 1 Prozent pro Monat auf den abgerundeten Steuerbetrag stellt er eine erhebliche finanzielle Belastung dar, die durch rechtzeitige Zahlung oder die Nutzung der dreitägigen Schonfrist bei Überweisungen vermieden werden kann. Bei persönlicher oder sachlicher Unbilligkeit besteht die Möglichkeit eines Erlasses nach § 227 AO, wobei bei Zahlungsunfähigkeit regelmäßig nur ein hälftiger Erlass gewährt wird. Die Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats bietet die sicherste Methode zur Vermeidung von Säumniszuschlägen, da die Steuer gemäß § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO bereits am Fälligkeitstag als entrichtet gilt.

Häufige Fragen (FAQ)

Wie hoch ist der Säumniszuschlag?

Der Säumniszuschlag beträgt gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO für jeden angefangenen Monat der Säumnis 1 Prozent des auf volle 50 Euro abgerundeten rückständigen Steuerbetrags. Bei einer Steuerschuld von 2.780 Euro wird auf 2.750 Euro abgerundet, sodass monatlich 27,50 Euro Säumniszuschlag anfallen.

Wann beginnt die Säumnis?

Die Säumnis beginnt am Tag nach dem Fälligkeitstag der Steuer. Bei Überweisungen gewährt § 240 Abs. 3 AO jedoch eine Schonfrist von 3 Tagen, sodass der Säumniszuschlag erst bei einer Säumnis von mehr als 3 Tagen erhoben wird. Bei SEPA-Lastschrift gilt die Steuer gemäß § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO bereits am Fälligkeitstag als entrichtet, sofern der Einzug erfolgt.

Welche Schonfrist gilt bei Überweisungen?

Gemäß § 240 Abs. 3 AO wird bei einer Säumnis bis zu 3 Tagen kein Säumniszuschlag erhoben, wenn die Zahlung per Überweisung erfolgt. Diese Schonfrist gilt nicht bei Zahlung durch Übergabe oder Übersendung von Zahlungsmitteln oder Schecks (§ 224 Abs. 2 Nr. 1 AO). Bei Zahlung per SEPA-Lastschrift (§ 224 Abs. 2 Nr. 3 AO) stellt sich die Frage der Schonfrist nicht, da die Steuer bei erfolgreichem Einzug bereits am Fälligkeitstag als entrichtet gilt.

Können Säumniszuschläge erlassen werden?

Die Finanzbehörde kann Säumniszuschläge gemäß § 227 AO aus Billigkeitsgründen ganz oder teilweise erlassen. Dies kommt insbesondere bei plötzlicher Erkrankung, offenbarem Versehen eines bisher pünktlichen Steuerzahlers oder bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung in Betracht. Bei Zahlungsunfähigkeit wird nach ständiger BFH-Rechtsprechung regelmäßig nur die Hälfte erlassen.

Entstehen Säumniszuschläge auch bei Steuerbeträgen unter 50 Euro?

Da der rückständige Steuerbetrag gemäß § 240 Abs. 1 Satz 1 AO auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag abgerundet wird, ergibt sich bei Steuerbeträgen unter 50 Euro eine Bemessungsgrundlage von 0 Euro. In diesen Fällen entstehen keine Säumniszuschläge.

Was passiert bei einer Änderung des Steuerbescheids?

Wird die Festsetzung einer Steuer aufgehoben, geändert oder berichtigt, bleiben die bis dahin verwirkten Säumniszuschläge gemäß § 240 Abs. 1 Satz 4 AO unberührt. Auch bei einer nachträglichen Herabsetzung der Steuerschuld werden bereits entstandene Säumniszuschläge nicht rückwirkend gemindert.

Wie vermeidet man Säumniszuschläge am sichersten?

Die sicherste Methode zur Vermeidung von Säumniszuschlägen ist die Erteilung eines SEPA-Lastschriftmandats an das Finanzamt. Die Steuer gilt dann gemäß § 224 Abs. 2 Nr. 3 AO am Fälligkeitstag als entrichtet, sofern der Einzug erfolgt. Voraussetzung ist ausreichende Kontodeckung.

Quellen & weiterführende Informationen

Bundesministerium der Justiz. "§ 240 AO – Säumniszuschläge." https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__240.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "§ 227 AO – Erlass." https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__227.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "§ 224 AO – Leistungsort, Tag der Zahlung." https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__224.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesfinanzministerium. "Amtliches AO-Handbuch – AEAO zu § 240." https://ao.bundesfinanzministerium.de Zugriff am 25. November 2025.

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.