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Was ist der Grenzsteuersatz?

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 03. Dezember 2025
Lesedauer: 9 Minuten

Alles auf einen Blick:

  • Der Grenzsteuersatz ist der Steuersatz, mit dem die letzte Einkommenseinheit besteuert wird (§ 32a Abs. 1 EStG).
  • 2025 beträgt der Grundfreibetrag 12.096 Euro, bis zu dem der Grenzsteuersatz 0 Prozent liegt.
  • Der Spitzensteuersatz beträgt 42 Prozent ab 68.481 Euro zu versteuerndem Einkommen.
  • Die Reichensteuer als höchster Grenzsteuersatz beträgt 45 Prozent ab 277.826 Euro.
  • Der Grenzsteuersatz bestimmt, wie sich zusätzliche Einkünfte oder Ausgaben auf die Steuerlast auswirken.

Grenzsteuersatz Definition

Der Grenzsteuersatz ist der Steuersatz, mit dem die letzte (höchste) Einkommenseinheit besteuert wird (§ 32a Abs. 1 EStG). Er gibt an, mit welchem Prozentsatz eine zusätzliche Einkommenseinheit von einem Euro besteuert würde. Der Grenzsteuersatz unterscheidet sich vom Durchschnittssteuersatz dadurch, dass er nur für die letzte Einkommenseinheit gilt, während der Durchschnittssteuersatz die Gesamtsteuer im Verhältnis zum Gesamteinkommen darstellt.

Wie wird der Grenzsteuersatz berücksichtigt?

Der Grenzsteuersatz wird nach dem progressiven Einkommensteuertarif berechnet, der in mehrere Zonen unterteilt ist. Die Berechnung erfolgt automatisch durch das Finanzamt auf Basis des zu versteuernden Einkommens. Der Grenzsteuersatz ist entscheidend für Steuerplanungsentscheidungen, da er anzeigt, wie sich zusätzliche Einkünfte oder Ausgaben auf die Steuerlast auswirken (§ 32a EStG).

Die 5 Progressionszonen 2025

Bis zu einem zu versteuernden Einkommen von 12.096 Euro beträgt der Grenzsteuersatz 0 Prozent (Grundfreibetrag). In der ersten Progressionszone von 12.097 bis 17.443 Euro steigt der Grenzsteuersatz von 14 Prozent bis 23,97 Prozent. Die Berechnung der Einkommensteuer erfolgt nach der Formel: (932,30 × y + 1.400) × y, wobei y ein Zehntausendstel des 12.096 Euro übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens ist (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG).

In der zweiten Progressionszone von 17.444 bis 68.480 Euro steigt der marginale Steuersatz weiter an und nähert sich 42 Prozent. Ab 68.481 Euro springt der Grenzsteuersatz auf den konstanten Spitzensteuersatz von 42 Prozent (Zone III). Die Berechnung der Einkommensteuer erfolgt nach der Formel: (176,64 × z + 2.397) × z + 1.015,13, wobei z ein Zehntausendstel des 17.443 Euro übersteigenden Teils des auf einen vollen Euro-Betrag abgerundeten zu versteuernden Einkommens ist (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG).

Ab 68.481 Euro bis 277.825 Euro beträgt der Grenzsteuersatz konstant 42 Prozent (Spitzensteuersatz). Die Berechnung der Einkommensteuer erfolgt nach der Formel: 0,42 × zu versteuerndes Einkommen − 10.911,92 (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 EStG).

Ab 277.826 Euro beträgt der Grenzsteuersatz konstant 45 Prozent (Reichensteuer). Die Berechnung der Einkommensteuer erfolgt nach der Formel: 0,45 × zu versteuerndes Einkommen − 19.246,67 (§ 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 EStG).

Besonderheiten beim Grenzsteuersatz

Beim Ehegattensplitting wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen halbiert, wodurch sich ein niedrigerer Grenzsteuersatz ergeben kann als bei Einzelveranlagung (§ 32a Abs. 5 EStG). Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (beispielsweise Arbeitslosengeld), erhöhen den Grenzsteuersatz für die übrigen Einkünfte, ohne selbst besteuert zu werden (§ 32b EStG).

Verluste können den effektiven Grenzsteuersatz temporär auf null reduzieren, bis die Verluste vollständig mit positiven Einkünften verrechnet sind (§ 10d EStG). Außergewöhnliche Belastungen oberhalb der zumutbaren Eigenbelastung reduzieren das zu versteuernde Einkommen und damit potenziell den Grenzsteuersatz (§ 33 EStG).

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Angestellter mit mittlerem Einkommen

Ein lediger Arbeitnehmer verdient 50.000 Euro brutto pro Jahr. Nach Abzug von Werbungskosten, Sonderausgaben und Sozialversicherungsbeiträgen beträgt sein zu versteuerndes Einkommen 46.500 Euro. Sein Grenzsteuersatz liegt in der zweiten Progressionszone.

BerechnungBetrag
Zu versteuerndes Einkommen46.500 Euro
Grenzsteuersatz (Zone II)ca. 34 %
Durchschnittssteuersatzca. 20,4 %
Tarifliche Einkommensteuerca. 9.471 Euro

Ergebnis: Der Grenzsteuersatz von ca. 34 Prozent bedeutet, dass jeder zusätzlich verdiente Euro mit ca. 34 Prozent besteuert würde, während der Durchschnittssteuersatz ca. 20,4 Prozent beträgt.

Beispiel 2: Verheiratetes Ehepaar mit Splitting

Ein verheiratetes Ehepaar hat ein gemeinsames zu versteuerndes Einkommen von 80.000 Euro. Beim Splitting wird dieses Einkommen halbiert, sodass für jeden Ehepartner 40.000 Euro maßgeblich sind. Dadurch liegt der Grenzsteuersatz in der zweiten Progressionszone.

BerechnungBetrag
Gemeinsames zu versteuerndes Einkommen80.000 Euro
Einkommen pro Ehepartner (Splitting)40.000 Euro
Grenzsteuersatz pro Ehepartner (bei 40.000 €)ca. 32 %
ESt mit Splitting (2×ESt(40.000 €))ca. 14.642 Euro
ESt ohne Splitting (bei 80.000 €)ca. 22.688 Euro
Grenzsteuersatz ohne Splitting42 %
Steuerersparnis durch Splittingca. 8.046 Euro

Ergebnis: Das Ehegattensplitting führt zu einem niedrigeren Grenzsteuersatz (ca. 32 % vs. 42 %) und damit zu einer erheblichen Steuerersparnis von ca. 8.046 Euro gegenüber der Einzelveranlagung.

Beispiel 3: Hoher Verdienst mit Reichensteuer

Ein Unternehmer hat ein zu versteuerndes Einkommen von 300.000 Euro. Sein Einkommen überschreitet die Reichensteuerschwelle von 277.826 Euro, sodass der Grenzsteuersatz 45 Prozent beträgt.

BerechnungBetrag
Zu versteuerndes Einkommen300.000 Euro
Grenzsteuersatz (Reichensteuer)45 %
Durchschnittssteuersatzca. 38,6 %
Tarifliche Einkommensteuerca. 115.753 Euro

Ergebnis: Bei hohen Einkommen nähert sich der Durchschnittssteuersatz dem Grenzsteuersatz an. Jeder zusätzlich verdiente Euro wird mit 45 Prozent besteuert.

Ausnahmen und Besonderheiten

Kapitalerträge unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 Prozent und nicht dem progressiven Grenzsteuersatz, es sei denn, die Günstigerprüfung wird beantragt (§ 32d Abs. 1 EStG). Bei Gewerbetreibenden kann die Gewerbesteuer den effektiven Grenzsteuersatz erhöhen, wird aber teilweise auf die Einkommensteuer angerechnet nach § 35 EStG.

Die Kirchensteuer (8 Prozent oder 9 Prozent der Einkommensteuer) erhöht den effektiven Grenzsteuersatz entsprechend, ist aber als Sonderausgabe teilweise abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Der Solidaritätszuschlag fällt 2025 erst ab einer Einkommensteuer von 19.950 Euro an (§ 4 SolZG).

Der Altersentlastungsbetrag nach § 24a EStG ist jahrgangsabhängig und wird bis 2058 stufenweise abgesenkt. Ein pauschaler Höchstbetrag von 1.368 Euro gilt nicht für 2025 (dieser Wert entspricht dem Höchstbetrag von 2012). Dies kann den effektiven Grenzsteuersatz für ältere Arbeitnehmer senken (§ 24a EStG).

Vorteile

  • steuerplanung durch Grenzsteuersatz: Der Grenzsteuersatz ermöglicht es, die Auswirkungen zusätzlicher Einkünfte oder Ausgaben auf die Steuerlast präzise zu berechnen und Steuergestaltungen gezielt zu planen.

  • progressive Belastung: Das progressive Steuersystem mit unterschiedlichen Grenzsteuersätzen sorgt dafür, dass höhere Einkommen überproportional besteuert werden und damit für Verteilungsgerechtigkeit sorgt.

  • transparente Berechnung: Der Grenzsteuersatz ermöglicht es Steuerzahlern, nachzuvollziehen, wie sich ihre Einkommenssituation auf die Steuerlast auswirkt und welche Steuerersparnis durch Ausgaben möglich ist.

  • ehegattensplitting Vorteil: Verheiratete Paare können durch das Splitting einen niedrigeren Grenzsteuersatz erreichen als bei Einzelveranlagung, was zu erheblichen Steuerersparnissen führt.

  • verlustverrechnung Möglichkeit: Verluste können den Grenzsteuersatz temporär auf null senken, bis die Verluste vollständig mit positiven Einkünften verrechnet sind.

Nachteile

  • hohe Steuerlast bei Spitzeneinkommen: Ledige Steuerzahler mit hohem Einkommen zahlen ab 68.481 Euro konstant 42 Prozent Grenzsteuer, was zu einer erheblichen Steuerbelastung führt.

  • reichensteuer Belastung: Ab 277.826 Euro zu versteuerndem Einkommen beträgt der Grenzsteuersatz 45 Prozent, was der höchste Grenzsteuersatz im deutschen Steuersystem ist.

  • komplexe Berechnung in Progressionszonen: In den beiden Progressionszonen ist die Berechnung des Grenzsteuersatzes komplex und erfordert die Anwendung von mathematischen Formeln.

  • solidaritätszuschlag Zusatzbelastung: Der Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent der Einkommensteuer erhöht den effektiven Grenzsteuersatz zusätzlich, wenn die Schwelle von 19.950 Euro Einkommensteuer überschritten wird.

  • kirchensteuer Erhöhung: Kirchenmitglieder zahlen zusätzlich 8 Prozent oder 9 Prozent Kirchensteuer auf die Einkommensteuer, was den effektiven Grenzsteuersatz erhöht.

HINWEIS DER REDAKTION
Unser Steuerlexikon basiert auf dem jeweils aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Zeitpunkt der Erstellung. Da sich steuerliche Regelungen dynamisch entwickeln, können spätere Anpassungen erforderlich sein. Wir verfolgen Änderungen kontinuierlich und aktualisieren die Inhalte regelmäßig. Dieses Lexikon ersetzt keine individuelle Steuerberatung. Bitte konsultieren Sie in spezifischen Fällen einen Steuerberater.


Fazit

Der Grenzsteuersatz ist ein zentrales Konzept für das Verständnis der deutschen Einkommensteuer und die Steuerplanung. Der progressive Tarifverlauf mit fünf Zonen führt dazu, dass Steuerzahler mit höherem Einkommen einen höheren Grenzsteuersatz zahlen, während der Grundfreibetrag von 12.096 Euro sicherstellt, dass niedrige Einkommen steuerfrei bleiben. Die Kenntnis des eigenen Grenzsteuersatzes ermöglicht es, die Auswirkungen zusätzlicher Einkünfte oder Ausgaben auf die Steuerlast präzise zu berechnen und Steuergestaltungen gezielt zu nutzen. Nutzen Sie den Grenzsteuersatz als Planungsinstrument, um Ihre Steuerlast zu optimieren und überprüfen Sie regelmäßig, ob Maßnahmen wie das Ehegattensplitting oder die Verlustverrechnung für Ihre Situation vorteilhaft sind.

Häufige Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen Grenzsteuersatz und Durchschnittssteuersatz?

Der Grenzsteuersatz ist der Steuersatz, mit dem die letzte Einkommenseinheit besteuert wird, während der Durchschnittssteuersatz die Gesamtsteuer im Verhältnis zum Gesamteinkommen darstellt. Bei einem zu versteuerndem Einkommen von 50.000 Euro beträgt der Grenzsteuersatz etwa 36 Prozent, während der Durchschnittssteuersatz nur etwa 19 Prozent beträgt.

Wie wirkt sich der Grenzsteuersatz auf zusätzliche Einkünfte aus?

Zusätzliche Einkünfte werden mit dem Grenzsteuersatz besteuert. Verdient ein Steuerzahler mit einem Grenzsteuersatz von 36 Prozent einen zusätzlichen Euro, so muss er 0,36 Euro Steuern zahlen. Dies macht den Grenzsteuersatz für Steuerplanungsentscheidungen entscheidend.

Kann der Grenzsteuersatz durch Ausgaben gesenkt werden?

Der Grenzsteuersatz wird durch das zu versteuernde Einkommen bestimmt und ändert sich nicht durch Ausgaben selbst. Allerdings können Ausgaben wie Sonderausgaben oder Werbungskosten das zu versteuernde Einkommen senken und dadurch einen niedrigeren Grenzsteuersatz zur Folge haben.

Ab welchem Einkommen gilt der Spitzensteuersatz?

Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent gilt 2025 ab einem zu versteuerndem Einkommen von 68.481 Euro bis 277.825 Euro. In diesem Bereich ist der Grenzsteuersatz konstant bei 42 Prozent.

Wann wird die Reichensteuer fällig?

Die Reichensteuer mit einem Grenzsteuersatz von 45 Prozent wird ab einem zu versteuerndem Einkommen von 277.826 Euro fällig. Dies ist der höchste Grenzsteuersatz im deutschen Einkommensteuertarif.

Wie wirkt sich das Ehegattensplitting auf den Grenzsteuersatz aus?

Beim Ehegattensplitting wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen halbiert, wodurch sich für jeden Ehepartner ein niedrigerer Grenzsteuersatz ergibt als bei Einzelveranlagung. Dies führt zu erheblichen Steuerersparnissen für verheiratete Paare.

Erhöht die Kirchensteuer den Grenzsteuersatz?

Die Kirchensteuer von 8 Prozent oder 9 Prozent wird auf die Einkommensteuer berechnet und erhöht den effektiven Grenzsteuersatz entsprechend. Für Kirchenmitglieder ist der tatsächliche Grenzsteuersatz also höher als der reine Einkommensteuersatz.

Quellen & weiterführende Informationen

Bundesministerium der Finanzen. "Lohnsteuer-Hinweise 2025 – § 32a Einkommensteuertarif." https://lsth.bundesfinanzministerium.de/lsth/2025/A-Einkommensteuergesetz/IV-Tarif-31-34b/Paragraf-32a/inhalt.html Zugriff am 5. November 2025.

Gesetze im Internet. "§ 32a Einkommensteuergesetz (EStG) – Einkommensteuertarif." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32a.html Zugriff am 5. November 2025.

Gesetze im Internet. "§ 32b Einkommensteuergesetz (EStG) – Progressionsvorbehalt." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32b.html Zugriff am 5. November 2025.

Gesetze im Internet. "§ 32d Einkommensteuergesetz (EStG) – Abgeltungsteuer." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32d.html Zugriff am 5. November 2025.

Bundesministerium der Finanzen. "Steuerliche Änderungen 2025." https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Steuern/das-aendert-sich-2025.html Zugriff am 5. November 2025.

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.