Alles auf einen Blick:
- Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) sind völkerrechtliche Verträge zwischen 2 Staaten zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.
- Die meisten deutschen DBA orientieren sich am OECD-Musterabkommen mit Regelungen in Artikel 23.
- Seit 1. Januar 2025 ist das Mehrseitige Übereinkommen (BEPS-MLI) für DBA mit 7 Staaten wirksam (Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Slowakei, Malta, Spanien).
- Ausländische Steuern können nach § 34c Abs. 1 EStG angerechnet oder nach § 34c Abs. 2 EStG statt der Anrechnung bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.
- Deutschland wendet zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die in Art. 23 A/B OECD-MA vorgesehenen Methoden an (Freistellung bzw. Anrechnung). Der Progressionsvorbehalt ergibt sich aus § 32b EStG; die Anrechnung und die Alternative des Einkünfteabzugs regelt § 34c EStG.
Doppelbesteuerungsabkommen Definition
Das Doppelbesteuerungsabkommen ist ein völkerrechtlicher Vertrag zwischen 2 Staaten zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung von Einkommen und Vermögen. Nach § 2 Abs. 1 AO gehen internationale Verträge über die Besteuerung den Steuergesetzen vor, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind. Die meisten deutschen DBA orientieren sich am international verbreiteten OECD-Musterabkommen mit Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung in Artikel 23.
Wie wird das Doppelbesteuerungsabkommen berücksichtigt?
Das Doppelbesteuerungsabkommen regelt, welcher Staat das Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte hat und wie die Doppelbesteuerung vermieden wird. Deutschland nutzt dabei 2 Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung: die Freistellungsmethode und die Anrechnungsmethode. Nach § 34d EStG umfassen ausländische Einkünfte Einkünfte aus Betriebsstätten im Ausland, selbständiger Arbeit im Ausland, nichtselbständiger Arbeit im Ausland, Kapitalvermögen bei ausländischem Schuldner und Vermietung ausländischer Immobilien.
Freistellungsmethode
Die Freistellungsmethode nach Art. 23 A OECD-MA bedeutet, dass Deutschland als Ansässigkeitsstaat ausländische Einkünfte von der Besteuerung befreit. Dies erfolgt unter Berücksichtigung des Progressionsvorbehalts nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Bei dieser Methode werden steuerfreie ausländische Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes für das verbleibende zu versteuernde Einkommen berücksichtigt, wodurch sich der Steuersatz erhöhen kann.
Anrechnungsmethode
Die Anrechnungsmethode nach Art. 23 B OECD-MA bedeutet, dass die im Ausland gezahlte Steuer auf die deutsche Steuerschuld angerechnet wird. Nach § 34c Abs. 1 Satz 5 EStG sind ausländische Steuern nur insoweit anzurechnen, als sie auf die im Veranlagungszeitraum bezogenen Einkünfte entfallen. Alternativ können ausländische Steuern auf Antrag nach § 34c Abs. 2 EStG statt der Anrechnung bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Grenzgänger mit Freistellungsmethode
Ein deutscher Arbeitnehmer arbeitet in Frankreich und wohnt in Deutschland. Nach dem DBA Deutschland-Frankreich wird sein französisches Einkommen in Frankreich besteuert. Deutschland befreit dieses Einkommen von der Besteuerung, berücksichtigt es aber beim Progressionsvorbehalt.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Französisches Bruttoeinkommen | 45.000 Euro |
| − Französische Einkommensteuer | 7.200 Euro |
| = Französisches Nettoeinkommen | 37.800 Euro |
| Deutsches Einkommen | 15.000 Euro |
| = Gesamteinkommen (Progressionsvorbehalt) | 52.800 Euro |
| = Deutscher Steuersatz (berechnet) | 28 % |
| × Deutsches Einkommen besteuert | 4.200 Euro |
Ergebnis: Das französische Einkommen ist in Deutschland steuerfrei, erhöht aber den Steuersatz für das deutsche Einkommen von 20 % auf 28 %.
Beispiel 2: Kapitalerträge mit Anrechnungsmethode
Ein deutscher Investor bezieht Dividenden von 10.000 Euro aus den USA. In den USA wird eine Quellensteuer von 15 % (1.500 Euro) einbehalten. In Deutschland beträgt die Einkommensteuer 30 %.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| US-Bruttodividende | 10.000 Euro |
| − US-Quellensteuer (15 %) | 1.500 Euro |
| = US-Nettodividende | 8.500 Euro |
| Deutsche Einkommensteuer (30 %) | 3.000 Euro |
| − Anrechnung US-Steuer | 1.500 Euro |
| = Deutsche Zusatzsteuer | 1.500 Euro |
Ergebnis: Die US-Quellensteuer wird angerechnet, sodass die Gesamtsteuerlast optimiert wird.
Beispiel 3: Quellensteuerentlastung
Ein ausländischer Künstler führt 5 Konzerte in Deutschland auf und erhält 50.000 Euro Honorar. Die deutsche Quellensteuer für künstlerische Darbietungen beträgt i.d.R. 15 % (7.500 Euro, nach § 50a Abs. 2 EStG). Der Künstler stellt einen Entlastungsantrag beim BZSt.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Gesamthonorare | 50.000 Euro |
| × Deutsche Quellensteuer (15 %) | 7.500 Euro |
| − Entlastete Steuer (DBA-Regelung: 0 %) | 0 Euro |
| = Verbleibende Quellensteuer | 7.500 Euro |
| Bearbeitungszeit beim BZSt | über 20 Monate |
Ergebnis: Nach Prüfung durch das BZSt kann die Quellensteuer teilweise oder vollständig erstattet werden, wenn das DBA eine niedrigere Rate vorsieht. (Hinweis: 30 % Quellensteuer gilt nur für Aufsichtsratsvergütungen, nicht für künstlerische Darbietungen.)
Ausnahmen und Besonderheiten
Nach § 2 Abs. 2 AO ist das BMF ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Konsultationsvereinbarungen zur Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung umzusetzen. Die EU-Streitbeilegungsrichtlinie (EU-DBA-SBG) gilt ausschließlich für Streitfälle zwischen Deutschland und einem oder mehreren EU-Mitgliedstaaten und erfordert eine Streitbeilegungsbeschwerde durch die betroffene Person. Seit 1. Januar 2025 ist das Mehrseitige Übereinkommen vom 24. November 2016 (BEPS-MLI) für DBA mit Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Slowakei, Malta und Spanien wirksam. Bei Wohnsitz im Ausland liegt regelmäßig beschränkte Steuerpflicht vor, für die keine Steuerklassenanwendung vorgesehen ist, da Steuerklassen die unbeschränkte Steuerpflicht voraussetzen (§ 38b EStG). Besondere Regelungen ergeben sich je nach DBA mit der Schweiz, Österreich und Frankreich.
Vorteile
vermiedene Doppelbesteuerung: Die Doppelbesteuerung wird durch vertragliche Regelungen vermieden, sodass Steuerpflichtige nicht zweifach besteuert werden.
einheitliche internationale Standards: Die Orientierung am OECD-Musterabkommen schafft weltweit vergleichbare Regelungen und Rechtssicherheit für Steuerpflichtige.
vereinfachte Quellensteuerentlastung: Es gibt zwei Entlastungswege: Freistellung (vorab durch Freistellungsbescheinigung) oder Erstattung (nachträglich durch Antrag beim BZSt). Zusätzlich gilt für künstlerische Darbietungen die 250-€-Milderungsregel je Darbietung (§ 50a Abs. 2 S. 3 EStG).
beidseitiger Verwaltungsschutz: Das Verständigungsverfahren nach Art. 25 OECD-MA bietet einen Schutz des Rechts auf abkommenskonforme Besteuerung zwischen beiden Staaten.
progressive Modernisierung: Das BEPS-MLI ist seit 1. Januar 2025 für 7 deutsche Steuerabkommen wirksam (Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Slowakei, Malta, Spanien), weitere 62 Abkommen sind für zukünftige Anwendung vorgesehen.
Nachteile
komplexe Anwendung: Die Unterscheidung zwischen Freistellungs- und Anrechnungsmethode erfordert genaue Analyse und führt zu administrativem Aufwand.
begrenzte Anrechnung: Ausländische Steuern nach § 34c EStG können nur angerechnet werden, soweit sie auf ausländische Einkünfte des Veranlagungszeitraums entfallen, was zu Anrechnungsbeschränkungen führt.
Progressionsvorbehalt-Belastung: Bei Freistellungsmethode erhöhen steuerfreie ausländische Einkünfte den Steuersatz für verbleibende Einkünfte, was zu höherer Gesamtsteuer führen kann.
lange Bearbeitungszeiten: Quellensteuerentlastungsanträge beim BZSt dauern derzeit über 20 Monate nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen; das BZSt weist auf erhebliche Verzögerungen hin.
lückenhafte Abkommensabdeckung: Nicht alle Länder haben mit Deutschland ein DBA abgeschlossen, sodass für manche Länder keine vertraglichen Regelungen zur Doppelbesteuerungsvermeidung gelten.
Fazit
Das Doppelbesteuerungsabkommen ist ein unverzichtbarer völkerrechtlicher Vertrag zur Vermeidung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung, der sich in Deutschland am OECD-Musterabkommen orientiert. Die Vermeidung erfolgt abkommensrechtlich über Art. 23 A/B OECD-MA; der Progressionsvorbehalt ergibt sich aus § 32b EStG, die Anrechnung und der alternative Einkünfteabzug regeln § 34c EStG. Die Modernisierung durch das BEPS-MLI ist seit 1. Januar 2025 für 7 deutsche Steuerabkommen wirksam (Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Slowakei, Malta, Spanien); weitere Abkommen sind für zukünftige Anwendung vorgesehen und stärken die internationalen Standards durch Mindestschutzregelungen gegen Steuervermeidung. Nutzen Sie die 2 Entlastungswege (Freistellung vorab oder Erstattung nachträglich) und beachten Sie den Progressionsvorbehalt bei der Freistellungsmethode sowie die aktuellen Bearbeitungszeiten von über 20 Monaten beim BZSt, um Ihre Steuerlast optimal zu gestalten. Das Verständigungsverfahren nach Art. 25 OECD-MA bietet zudem Schutz bei Streitfällen zwischen den Staaten.
Häufige Fragen (FAQ)
Welche Staaten haben mit Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen?
Deutschland hat DBA mit über 100 Staaten abgeschlossen. Der aktuelle Stand ist im BMF-Schreiben vom 20. Januar 2025 dokumentiert, das die Übersicht über alle geltenden Abkommen und laufenden Verhandlungen zum 1. Januar 2025 enthält.
Wie lange dauert die Bearbeitung eines Quellensteuerentlastungsantrags?
Die Bearbeitungszeit beim BZSt beträgt derzeit über 20 Monate nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen; das BZSt weist auf erhebliche Verzögerungen hin. Am 15. Juli 2025 wird das Entlastungsverfahren in das neue BZSt-Online-Portal migriert mit neuen Online-Formularen und neuem Kundenportal.
Kann ich ausländische Steuern als Werbungskosten abziehen?
Nach § 34c Abs. 2 EStG können ausländische Steuern auf Antrag statt der Anrechnung bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden, wenn dies vorteilhafter ist. Diese Alternative ist besonders bei niedrigeren Steuersätzen im Ausland oder bei Verlustverwertung interessant.
Welche Einkünfte gelten als ausländische Einkünfte?
Nach § 34d EStG umfassen ausländische Einkünfte Einkünfte aus Betriebsstätten im Ausland, selbständiger Arbeit im Ausland, nichtselbständiger Arbeit im Ausland, Kapitalvermögen bei ausländischem Schuldner und Vermietung ausländischer Immobilien.
Was ist der Progressionsvorbehalt?
Der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG bedeutet, dass steuerfreie ausländische Einkünfte bei der Ermittlung des Steuersatzes für das verbleibende zu versteuernde Einkommen berücksichtigt werden, wodurch sich der Steuersatz erhöhen kann.
Wer ist zuständig für das Verständigungsverfahren?
Das Verständigungsverfahren nach Art. 25 OECD-MA ist ein antragsbasiertes Verwaltungsverfahren zwischen 2 Staaten zum Schutz des Rechts auf abkommenskonforme Besteuerung. Die zuständige Behörde in Deutschland ist das BZSt.
Seit wann ist das BEPS-MLI in Deutschland wirksam?
Das Mehrseitige Übereinkommen vom 24. November 2016 (BEPS-MLI) ist seit 1. Januar 2025 für DBA mit Kroatien, Frankreich, Griechenland, Ungarn, Slowakei, Malta und Spanien wirksam. Durch Änderungsgesetz wurden 62 weitere deutsche Steuerabkommen für eine zukünftige Anwendung des BEPS-MLI designiert, die nach Abschluss der bilateralen Abstimmungen und OECD-Notifizierungen schrittweise wirksam werden.
Quellen & weiterführende Informationen
Bundesfinanzministerium. "Stand der Doppelbesteuerungsabkommen und anderer Abkommen im Steuerbereich zum 1. Januar 2025." https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Internationales_Steuerrecht/Allgemeine_Informationen/2025-01-20-stand-DBA-1-januar-2025.html Zugriff am 15. Januar 2025.
Bundeszentralamt für Steuern. "Verständigungsverfahren." https://www.bzst.de/DE/Privatpersonen/Verstaendigungsverfahren/verstaendigungsverfahren_node.html Zugriff am 15. Januar 2025.
Bundeszentralamt für Steuern. "Online-Portal für Entlastungsverfahren bei der Kapitalertragsteuer." https://www.bzst.de Zugriff am 15. Januar 2025.
Gesetze im Internet. "Abgabenordnung § 2 Abs. 1 und Abs. 2." https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__2.html Zugriff am 15. Januar 2025.
Gesetze im Internet. "Einkommensteuergesetz § 34c (Anrechnung ausländischer Steuern)." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__34c.html Zugriff am 15. Januar 2025.
Gesetze im Internet. "Einkommensteuergesetz § 32b (Progressionsvorbehalt)." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32b.html Zugriff am 15. Januar 2025.