Alles auf einen Blick:
- Außergewöhnliche Belastungen mindern das zu versteuernde Einkommen, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen (§ 33 Abs. 1 EStG).
- Die zumutbare Belastung beträgt zwischen 1 und 7 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte, je nach Einkommen und Familienstand.
- Krankheitskosten, Bestattungskosten, Pflegekosten und behinderungsbedingte Fahrtkosten zählen zu den anerkannten Belastungen.
- Behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschalen (§ 33 Abs. 2a EStG): 900 Euro bei GdB ≥ 80 oder GdB ≥ 70 mit Merkzeichen G; 4.500 Euro bei Merkzeichen aG/Bl/TBl/H.
- Aufwendungen müssen zwangsläufig entstanden und notwendig sein, um als außergewöhnliche Belastung anerkannt zu werden.
Außergewöhnliche Belastungen Definition
Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands verursachen (§ 33 Abs. 1 EStG). Diese Aufwendungen werden vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, soweit sie die zumutbare Belastung übersteigen. Zwangsläufigkeit liegt vor, wenn sich der Steuerpflichtige den Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und diese notwendig sowie angemessen sind (§ 33 Abs. 2 EStG).
Wie werden außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt?
Berechnung der zumutbaren Belastung
Die zumutbare Eigenbelastung wird als Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte berechnet. Der Prozentsatz richtet sich nach dem Einkommen, der Anzahl der Kinder und dem Familienstand. Nur der Betrag, der diese zumutbare Belastung übersteigt, wird vom zu versteuernden Einkommen abgezogen. Die Berechnung erfolgt nach § 33 Abs. 3 EStG.
Einkommensabhängige Staffelung
Bei Einkünften bis 15.340 Euro liegt die zumutbare Belastung zwischen 1 und 5 Prozent. Im mittleren Einkommensbereich von 15.340 bis 51.130 Euro beträgt sie 1 bis 6 Prozent. Bei Einkünften über 51.130 Euro liegt die zumutbare Belastung zwischen 2 und 7 Prozent. Die genaue Quote hängt davon ab, ob der Steuerpflichtige Kinder hat.
Familienstandsabhängige Staffelung
Steuerpflichtige ohne Kinder zahlen die höchsten Prozentsätze. Steuerpflichtige mit 1 bis 2 Kindern zahlen moderate Sätze. Steuerpflichtige mit 3 oder mehr Kindern zahlen die niedrigsten Prozentsätze und profitieren damit stärker von außergewöhnlichen Belastungen.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Krankheitskosten ohne Kinder
Ein Steuerpflichtiger ohne Kinder hat Einkünfte von 40.000 Euro und Krankheitskosten von 3.000 Euro. Die zumutbare Belastung beträgt 6 Prozent des Einkommens. Der abzugsfähige Betrag ergibt sich aus der Differenz zwischen den Krankheitskosten und der zumutbaren Belastung.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Gesamtbetrag der Einkünfte | 40.000 Euro |
| × Zumutbare Belastung (6 %) | 2.400 Euro |
| Krankheitskosten | 3.000 Euro |
| − Zumutbare Belastung | 2.400 Euro |
| = Abzugsfähige außergewöhnliche Belastung | 600 Euro |
Ergebnis: Der Steuerpflichtige kann 600 Euro als außergewöhnliche Belastung abziehen. Dies reduziert sein zu versteuerndes Einkommen auf 39.400 Euro.
Beispiel 2: Behindertenfahrtkosten
Ein Steuerpflichtiger mit Behinderung (GdB mindestens 80) hat Einkünfte von 50.000 Euro. Die zumutbare Belastung beträgt 6 Prozent. Er kann den Pauschbetrag für Behindertenfahrtkosten von 900 Euro geltend machen.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Gesamtbetrag der Einkünfte | 50.000 Euro |
| × Zumutbare Belastung (6 %) | 3.000 Euro |
| Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a) | 900 Euro |
| − Zumutbare Belastung | 3.000 Euro |
| = Abzugsfähige außergewöhnliche Belastung | 0 Euro |
Ergebnis: Der Pauschbetrag von 900 Euro liegt unter der zumutbaren Belastung von 3.000 Euro. Es kann kein Abzug erfolgen. Für behinderungsbedingte Fahrten ist ausschließlich die Pauschale nach § 33 Abs. 2a EStG vorgesehen; über die Pauschale hinaus sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten nach § 33 berücksichtigungsfähig.
Beispiel 3: Bestattungskosten mit 2 Kindern
Ein Steuerpflichtiger mit 2 Kindern hat Einkünfte von 35.000 Euro und Bestattungskosten von 8.000 Euro. Die zumutbare Belastung beträgt 3 Prozent.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Gesamtbetrag der Einkünfte | 35.000 Euro |
| × Zumutbare Belastung (3 %) | 1.050 Euro |
| Bestattungskosten | 8.000 Euro |
| − Zumutbare Belastung | 1.050 Euro |
| = Abzugsfähige außergewöhnliche Belastung | 6.950 Euro |
Ergebnis: Der Steuerpflichtige kann 6.950 Euro abziehen. Sein zu versteuerndes Einkommen sinkt von 35.000 Euro auf 28.050 Euro.
Ausnahmen und Besonderheiten
Prozesskosten und Scheidungskosten
Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits, einschließlich Scheidungskosten, sind grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG). Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können. Diese hohe Hürde wird in der Praxis selten erreicht.
Beerdigungskosten und Versicherungsleistungen
Beerdigungskosten eines nahen Angehörigen können als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, soweit sie nicht durch den Nachlass gedeckt werden (§ 33 EStG). Leistungen aus einer Sterbegeld- oder Lebensversicherung, die dem Steuerpflichtigen außerhalb des Nachlasses zufließen, sind auf die abzugsfähigen Kosten anzurechnen.
Katastrophenschäden
Aufwendungen für Wiederbeschaffung oder Schadensbehebung nach Katastrophenereignissen (Brand, Hochwasser, Kriegseinwirkungen, Vertreibung) können als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden, soweit sie notwendige und angemessene Güter wie Wohnung, Hausrat oder Kleidung betreffen (§ 33 EStG).
Heimunterbringung und Pflegekosten
Krankheitsbedingte Heimunterbringung qualifiziert als außergewöhnliche Belastung, auch ohne zusätzliche Pflegekosten (§ 33 Abs. 1 EStG). Pflegekosten sind nur insoweit abzugsfähig, als sie die Leistungen aus der gesetzlichen und privaten Pflegepflichtversicherung sowie Pflegegeldleistungen übersteigen (§ 33 EStG).
Behinderten-Pauschbeträge und Fahrtkostenpauschale
Zu unterscheiden sind zwei verschiedene Pauschbeträge für Behinderte:
Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a EStG): 900 Euro bei GdB ≥ 80 oder GdB ≥ 70 mit Merkzeichen G; 4.500 Euro bei Merkzeichen aG/Bl/TBl/H. Diese Pauschale gilt ausschließlich für behinderungsbedingte Fahrtkosten; über die Pausschale hinaus sind keine weiteren Fahrtkosten nach § 33 abzugsfähig.
Behinderten-Pauschbeträge (§ 33b EStG): Diese gelten für allgemeine behinderungsbedingte Mehraufwendungen (nicht Fahrtkosten). Die Beträge betragen beispielsweise GdB 80 = 2.120 Euro, GdB 90 = 2.460 Euro, bei Hilflosigkeit/Blindheit/Taubblindheit = 7.400 Euro pro Jahr. Behinderte können zwischen dem Pauschbetrag nach § 33b und dem Abzug tatsächlicher Aufwendungen wählen (§ 33b Abs. 1 EStG).
Unterhaltsaufwendungen
Der Höchstbetrag für Unterhaltsaufwendungen entspricht dem Grundfreibetrag (§ 33a Abs. 1 i. V. m. § 32a EStG). 2025: 12.096 Euro (im Gesetz geregelt); 2026: 12.348 Euro (in BMF-Dokumenten wie PAP 2026-Entwurf und Monatsbericht angekündigt, noch nicht im Gesetzeswortlaut festgeschrieben). Dieser Betrag wird um eigene Einkünfte und Bezüge der unterhalteten Person gekürzt, soweit diese 624 Euro übersteigen. Der Unterhaltsabzug ist auf nahe Angehörige beschränkt.
Ausbildungsfreibetrag
Der Ausbildungsfreibetrag für auswärtig untergebrachte volljährige Kinder in Berufsausbildung beträgt 1.200 Euro pro Jahr (§ 33a Abs. 2 EStG). Dieser Betrag wird direkt vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.
Vorteile
progressive Entlastung: Steuerpflichtige mit niedrigeren Einkommen profitieren stärker, da die zumutbare Belastung prozentual geringer ausfällt.
umfassende Abdeckung: Vielfältige Lebenssituationen wie Krankheit, Behinderung, Bestattung und Unterhalt werden berücksichtigt.
Pauschbetrag-Option: Behinderte können zwischen Pauschbetrag und tatsächlichen Aufwendungen wählen, je nachdem welche Option günstiger ist.
formale Nachweisanforderungen: Die Nachweisführung zu Krankheitskosten und zur Fahrtkostenpauschale wird durch § 64 EStDV und die EStH-Hinweise geregelt; bei Verordnungen, Amtsgutachten oder speziellen Leistungen können dokumentarische Anforderungen anfallen.
Familienstandsberücksichtigung: Alleinerziehende und Familien mit mehreren Kindern zahlen niedrigere Prozentsätze der zumutbaren Belastung.
Nachteile
hohe zumutbare Belastung: Bei höheren Einkommen kann die zumutbare Belastung bis zu 7 Prozent erreichen, was bedeutende Aufwendungen erforderlich macht.
zwangsläufigkeits-Anforderung: Aufwendungen müssen streng nachgewiesen werden und aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen unvermeidbar sein.
komplexe Berechnung: Die Staffelung nach Einkommen und Familienstand erfordert genaue Ermittlung der Einkommensschwellen.
prozesskosten-Ausschluss: Scheidungskosten und Prozesskosten sind grundsätzlich nicht abzugsfähig, auch wenn sie erheblich sind.
versicherungsleistungen-Anrechnung: Leistungen aus Versicherungen mindern die abzugsfähigen Beträge, was zu Reduktionen führen kann.
Fazit
Außergewöhnliche Belastungen sind ein wichtiges Steuervergünstigungsinstrument für Steuerpflichtige, die zwangsläufig größere Aufwendungen als die Mehrzahl ihrer Einkommensgruppe tragen. Die zumutbare Eigenbelastung zwischen 1 und 7 Prozent des Gesamtbetrags der Einkünfte bildet die entscheidende Schwelle für den Abzug. Krankheitskosten, Bestattungskosten, Behindertenfahrtkosten und Unterhaltsaufwendungen zählen zu den häufigsten anerkannten Belastungen. Nutzen Sie die Pauschbetrag-Optionen bei Behinderung (unterscheiden Sie dabei zwischen Fahrtkosten-Pausschale § 33 Abs. 2a und Behinderten-Pauschbeträgen § 33b) und dokumentieren Sie alle Aufwendungen nach § 64 EStDV und EStH-Hinweisen. Eine regelmäßige Überprüfung, ob Ihre Aufwendungen die zumutbare Belastung überschreiten, kann zu erheblichen Steuerersparnissen führen.
Häufige Fragen (FAQ)
Was verstehen Sie unter außergewöhnlichen Belastungen?
Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen und größer sind als bei der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen mit ähnlichem Einkommen und Familienstand. Diese Aufwendungen mindern das zu versteuernde Einkommen, soweit sie die zumutbare Eigenbelastung übersteigen.
Welche Aufwendungen zählen zu außergewöhnlichen Belastungen?
Zu den anerkannten Belastungen gehören Krankheitskosten, Bestattungskosten für nahe Angehörige, Pflegekosten, behinderungsbedingte Fahrtkosten, Unterhaltsaufwendungen für nahe Angehörige und Aufwendungen für Katastrophenschäden an notwendigen Gütern wie Wohnung und Hausrat.
Wie wird die zumutbare Belastung berechnet?
Die zumutbare Belastung wird als Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte berechnet. Der Prozentsatz richtet sich nach dem Einkommen und dem Familienstand. Bei Einkünften bis 15.340 Euro liegt der Satz zwischen 1 und 5 Prozent, von 15.340 bis 51.130 Euro zwischen 1 und 6 Prozent, und über 51.130 Euro zwischen 2 und 7 Prozent.
Sind Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig?
Scheidungskosten fallen unter Prozesskosten und sind grundsätzlich vom Abzug ausgeschlossen. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und lebensnotwendige Bedürfnisse nicht mehr befriedigen zu können, was eine sehr hohe Hürde darstellt.
Welche Pauschbeträge gelten für Behinderte?
Für Behinderte gelten zwei unterschiedliche Pauschbeträge:
Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a EStG): 900 Euro bei GdB ≥ 80 oder GdB ≥ 70 mit Merkzeichen G; 4.500 Euro bei Merkzeichen aG/Bl/TBl/H pro Jahr. Diese gilt ausschließlich für behinderungsbedingte Fahrtkosten; ein Wechsel zu tatsächlichen Fahrtkosten ist nicht möglich.
Behinderten-Pauschbeträge (§ 33b EStG): Diese gelten für allgemeine behinderungsbedingte Mehraufwendungen (nicht Fahrtkosten). Die Beträge richten sich nach dem Grad der Behinderung, z.B. GdB 80 = 2.120 Euro, GdB 90 = 2.460 Euro; bei Hilflosigkeit/Blindheit/Taubblindheit = 7.400 Euro pro Jahr. Für diese Pauschbeträge können Behinderte wahlweise tatsächliche Aufwendungen nachweisen (§ 33b Abs. 1 EStG).
Müssen Versicherungsleistungen bei Bestattungskosten angerechnet werden?
Leistungen aus einer Sterbegeld- oder Lebensversicherung, die dem Steuerpflichtigen außerhalb des Nachlasses zufließen, sind auf die abzugsfähigen Bestattungskosten anzurechnen. Dies kann den abzugsfähigen Betrag erheblich reduzieren.
Kann ich zwischen Pauschbetrag und tatsächlichen Aufwendungen wählen?
Dies ist abhängig davon, welche Art von Pauschbetrag vorliegt:
Fahrtkostenpauschale (§ 33 Abs. 2a): Nur die Pauschale ist abzugsfähig; ein Wechsel zu tatsächlichen Fahrtkosten ist nicht möglich.
Behinderten-Pauschbeträge (§ 33b EStG): Behinderte können wahlweise den Pauschbetrag oder tatsächliche Aufwendungen geltend machen. Sie sollten beide Varianten berechnen und die günstigere Option wählen, um die maximale Steuerersparnis zu erreichen (§ 33b Abs. 1 EStG).
Quellen & weiterführende Informationen
Bundesministerium der Finanzen. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 33 (Außergewöhnliche Belastungen)." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html Zugriff am 5. November 2025.
Bundesministerium der Finanzen. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 33a (Unterhaltsaufwendungen)." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33a.html Zugriff am 5. November 2025.
Bundesministerium der Finanzen. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 33b (Behinderten-Pausschbeträge)." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33b.html Zugriff am 5. November 2025.
Bundesministerium der Finanzen. "Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) § 64 (Nachweise)." https://www.gesetze-im-internet.de/estdv/__64.html Zugriff am 5. November 2025.
Bundesministerium der Finanzen. "Elektronisches Steuertipps-Handbuch 2024 – § 33 (Außergewöhnliche Belastungen)." https://esth.bundesfinanzministerium.de/esth/2024/A-Einkommensteuergesetz/IV-Tarif-31-34b/Paragraf-33/inhalt.html Zugriff am 5. November 2025.