Alles auf einen Blick
- Die Zinszahlungen (Kupons) einer Aktienanleihe unterliegen als Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Abgeltungsteuer von 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag.
- Bei Aktienlieferung statt Rückzahlung entsteht gemäß § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG kein steuerpflichtiger Gewinn oder Verlust; die Anschaffungskosten der Anleihe werden auf die erhaltenen Aktien übertragen.
- Verluste aus dem späteren Verkauf der angedieneten Aktien fallen in den Aktien-Verlustverrechnungstopf und können nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden.
- Der Sparer-Pauschbetrag beträgt 2025 insgesamt 1.000 Euro pro Person beziehungsweise 2.000 Euro bei Zusammenveranlagung gemäß § 20 Abs. 9 EStG.
- Das Emittentenrisiko bleibt bestehen; bei Insolvenz des Emittenten droht der vollständige Kapitalverlust.
Aktienanleihe Definition
Die Aktienanleihe (englisch: Reverse Convertible Bond) ist eine strukturierte Schuldverschreibung, bei der der Emittent vertraglich das Recht besitzt, bei Fälligkeit anstelle der Rückzahlung des Nominalbetrags eine vorher festgelegte Anzahl von Aktien anzudienen. Steuerlich findet § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG Anwendung, wonach das Entgelt für den Erwerb der Anleihe als Veräußerungspreis der Forderung und zugleich als Anschaffungskosten der gelieferten Aktien gilt. Die während der Laufzeit gezahlten Zinsen stellen Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar.
Wie wird die Aktienanleihe berücksichtigt?
Die steuerliche Behandlung der Aktienanleihe unterscheidet sich je nach Tilgungsart:
Zinszahlungen während der Laufzeit
Die Kuponzahlungen einer Aktienanleihe stellen laufende Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Diese unterliegen der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die Steuer. Bei Kirchensteuerpflicht kommt je nach Bundesland ein Zuschlag von 8 % (Bayern und Baden-Württemberg) oder 9 % (übrige Bundesländer) auf die Abgeltungsteuer hinzu.
Die depotführende Bank behält die Steuern automatisch ein und führt sie an das Finanzamt ab. Dabei wird der Sparer-Pauschbetrag berücksichtigt, sofern ein entsprechender Freistellungsauftrag vorliegt.
Rückzahlung zum Nominalbetrag
Notiert die zugrunde liegende Aktie am Bewertungstag auf oder über dem Basispreis, zahlt der Emittent den vollen Nominalbetrag zurück. Ein etwaiger Unterschied zwischen Kaufpreis und Nominalbetrag stellt einen Kapitalertrag gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG dar und unterliegt ebenfalls der Abgeltungsteuer.
Aktienlieferung statt Rückzahlung
Liegt der Aktienkurs am Bewertungstag unter dem Basispreis, liefert der Emittent die festgelegte Anzahl an Aktien. Gemäß § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG gilt die Aktienlieferung als steuerneutral: Die Anschaffungskosten der Aktienanleihe werden als Veräußerungspreis der Anleihe und gleichzeitig als Anschaffungskosten der erhaltenen Aktien angesetzt. Ein steuerpflichtiger Gewinn oder Verlust entsteht in diesem Moment nicht.
Die Besteuerung wird damit auf den späteren Verkauf der Aktien verschoben. Werden die erhaltenen Aktien später veräußert, ergibt sich der steuerpflichtige Gewinn oder Verlust aus dem Unterschied zwischen dem Verkaufserlös und den übertragenen Anschaffungskosten.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Rückzahlung zum Nominalbetrag
Ein Anleger erwirbt eine Aktienanleihe auf die Muster-AG mit folgenden Konditionen:
| Bezeichnung | Wert |
|---|---|
| Nominalbetrag | 10.000 Euro |
| Kaufpreis | 10.000 Euro |
| Kupon | 8 % pro Jahr |
| Basispreis | 50 Euro |
| Laufzeit | 1 Jahr |
| Aktienkurs am Bewertungstag | 55 Euro |
Da der Aktienkurs am Bewertungstag über dem Basispreis liegt, erfolgt die Rückzahlung zum Nominalbetrag.
| Position | Betrag |
|---|---|
| Zinszahlung (Kupon) | + 800 Euro |
| Rückzahlung Nominalbetrag | + 10.000 Euro |
| Abzüglich Kaufpreis | − 10.000 Euro |
| Steuerpflichtiger Kapitalertrag | 800 Euro |
Ergebnis: Der Anleger erzielt einen steuerpflichtigen Kapitalertrag von 800 Euro. Bei Ausschöpfung des Sparer-Pauschbetrags fallen darauf 25 % Abgeltungsteuer (200 Euro) zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag (11 Euro) an.
Beispiel 2: Aktienlieferung statt Rückzahlung
Ein Anleger erwirbt dieselbe Aktienanleihe, jedoch notiert die Aktie am Bewertungstag nur bei 40 Euro:
| Bezeichnung | Wert |
|---|---|
| Nominalbetrag | 10.000 Euro |
| Kaufpreis | 10.000 Euro |
| Kupon | 8 % pro Jahr |
| Basispreis | 50 Euro |
| Bezugsverhältnis | 200 Aktien |
| Aktienkurs am Bewertungstag | 40 Euro |
Der Emittent liefert 200 Aktien (10.000 Euro / 50 Euro Basispreis).
| Position | Betrag |
|---|---|
| Zinszahlung (Kupon) | + 800 Euro |
| Marktwert der gelieferten Aktien | 8.000 Euro |
| Anschaffungskosten der Aktien (übertragen) | 10.000 Euro |
| Steuerpflichtiger Kapitalertrag aus Kupon | 800 Euro |
Ergebnis: Die Zinszahlung von 800 Euro unterliegt der Abgeltungsteuer. Durch § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG entsteht bei der Aktienlieferung kein steuerpflichtiger Verlust. Die Anschaffungskosten der Aktien betragen 50 Euro je Aktie. Verkauft der Anleger die Aktien später für 40 Euro, entsteht ein Veräußerungsverlust von 2.000 Euro, der in den Aktien-Verlustverrechnungstopf eingestellt wird.
Beispiel 3: Stückzinsen beim Erwerb
Ein Anleger erwirbt eine Aktienanleihe drei Monate nach Emission und zahlt zusätzlich Stückzinsen:
| Position | Betrag |
|---|---|
| Kaufpreis Aktienanleihe | 10.000 Euro |
| Gezahlte Stückzinsen (3 Monate) | + 200 Euro |
| Gesamte Auszahlung beim Erwerb | 10.200 Euro |
Ergebnis: Die gezahlten Stückzinsen stellen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG negative Einnahmen dar und werden in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf eingestellt. Sie mindern die Kapitalerträge im Kalenderjahr des Erwerbs. Die Anschaffungskosten der Aktienanleihe betragen 10.000 Euro; die Stückzinsen von 200 Euro sind hiervon getrennt als negative Einnahmen zu behandeln.
Ausnahmen und Besonderheiten
Günstigerprüfung
Unabhängig von der Höhe des persönlichen Steuersatzes können Steuerpflichtige gemäß § 32d Abs. 6 EStG die Günstigerprüfung beantragen. Das Finanzamt prüft dann, ob die Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz günstiger ist als die Abgeltungsteuer; typischerweise ist das bei einer effektiven Belastung unter 25 % der Fall.
Verlustverrechnung bei angedieneten Aktien
Verluste aus dem Verkauf der durch Andienung erhaltenen Aktien unterliegen gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG der besonderen Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktien. Sie können ausschließlich mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden, nicht jedoch mit anderen Kapitalerträgen wie Zinsen oder Dividenden.
Anwendung auf Altfälle
§ 20 Abs. 4a Satz 3 EStG in der Fassung des Gesetzes vom 8.12.2010 gilt gemäß § 52 Abs. 28 Satz 18 EStG erstmals für Wertpapiere, die nach dem 31.12.2009 geliefert wurden. Durch das Jahressteuergesetz 2020 wurde § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG geändert und auf angediente Wertpapiere im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG (insbesondere Aktien) beschränkt. Diese Neufassung gilt für Andienungen von Wertpapieren, die nach dem 31. Dezember 2020 erfolgen (§ 52 Abs. 28 EStG).
Bruchteile bei Aktienlieferung
Werden bei der Tilgung von sonstigen Kapitalforderungen Bruchteile nicht geliefert, sondern in Geld ausgeglichen, handelt es sich nach dem BMF-Schreiben vom 14.05.2025 (Rn. 106) grundsätzlich um Kapitalerträge im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sofern nicht die in Rn. 107 genannten besonderen Ausnahmetatbestände vorliegen.
Vorteile
attraktiver Kupon: Die Zinszahlung liegt regelmäßig deutlich über dem Marktzins vergleichbarer Anleihen, da der Anleger dem Emittenten eine Put-Option verkauft.
planbarer Ertrag: Die Kuponzahlung erfolgt unabhängig von der Aktienkursentwicklung und ist vertraglich fixiert.
steuerliche Verschiebung: Bei Aktienlieferung wird die Besteuerung eines etwaigen Verlustes auf den späteren Aktienverkauf verschoben, was zeitliche Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet.
einfache Abwicklung: Die Abgeltungsteuer wird von der Bank automatisch einbehalten und abgeführt, sodass in der Regel keine gesonderte Steuererklärung erforderlich ist.
Nachteile
begrenztes Gewinnpotenzial: Der Anleger profitiert nicht von Aktienkursanstiegen über den Basispreis hinaus; sein Ertrag ist auf den Kupon begrenzt.
volles Verlustrisiko: Bei starken Kursverlusten der zugrunde liegenden Aktie erhält der Anleger Aktien mit deutlich geringerem Wert als sein eingesetztes Kapital.
eingeschränkte Verlustverrechnung: Verluste aus dem späteren Verkauf der angedieneten Aktien können gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG nur mit Aktiengewinnen verrechnet werden.
bestehendes Emittentenrisiko: Bei Insolvenz des Emittenten droht der vollständige Kapitalverlust unabhängig von der Aktienkursentwicklung.
Fazit
Die Aktienanleihe bietet Anlegern die Möglichkeit, durch den erhöhten Kupon eine überdurchschnittliche Verzinsung zu erzielen, setzt sie jedoch dem Kursrisiko der zugrunde liegenden Aktie aus. Steuerlich werden die Zinszahlungen als Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit der Abgeltungsteuer belastet, während die Aktienlieferung gemäß § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG steuerneutral erfolgt und die Besteuerung auf den späteren Aktienverkauf verlagert. Die besondere Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktien gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG schränkt jedoch die steuerliche Nutzung entstehender Verluste erheblich ein.
Häufige Fragen (FAQ)
Wie werden die Zinsen einer Aktienanleihe versteuert?
Die Zinszahlungen einer Aktienanleihe stellen Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar und unterliegen der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag. Bei Kirchensteuerpflicht kommt je nach Bundesland ein Zuschlag von 8 % oder 9 % hinzu. Die depotführende Bank behält die Steuern automatisch ein.
Welche steuerlichen Folgen hat die Aktienlieferung bei Fälligkeit?
Bei Lieferung von Aktien statt Rückzahlung des Nominalbetrags entsteht gemäß § 20 Abs. 4a Satz 3 EStG kein steuerpflichtiger Gewinn oder Verlust. Die Anschaffungskosten der Aktienanleihe werden auf die erhaltenen Aktien übertragen. Die Besteuerung erfolgt erst beim späteren Verkauf der Aktien.
Können Verluste aus angedieneten Aktien mit Zinserträgen verrechnet werden?
Gemäß § 20 Abs. 6 Satz 4 EStG können Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Gewinnen aus Aktienveräußerungen verrechnet werden. Eine Verrechnung mit anderen Kapitalerträgen wie Zinsen, Dividenden oder Anleihegewinnen ist ausgeschlossen.
Welcher Sparer-Pauschbetrag gilt für Kapitalerträge aus Aktienanleihen?
Der Sparer-Pauschbetrag beträgt gemäß § 20 Abs. 9 EStG seit 2023 insgesamt 1.000 Euro pro Person. Bei zusammenveranlagten Ehegatten beträgt der gemeinsame Sparer-Pauschbetrag 2.000 Euro. Durch einen Freistellungsauftrag bei der Bank wird dieser automatisch berücksichtigt.
Was passiert steuerlich, wenn der Emittent einer Aktienanleihe insolvent wird?
Bei Insolvenz des Emittenten droht der Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Die frühere Verlustverrechnungsbeschränkung von 20.000 € jährlich für Verluste aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit von Kapitalforderungen (§ 20 Abs. 6 S. 6 EStG a. F.) wurde durch das Jahressteuergesetz 2024 aufgehoben. Für 2025 besteht keine besondere 20.000-€-Grenze mehr; es gelten die allgemeinen Regeln des § 20 Abs. 6 EStG.
Wann lohnt sich eine Günstigerprüfung bei Aktienanleihen?
Eine Günstigerprüfung gemäß § 32d Abs. 6 EStG lohnt sich typischerweise, wenn die tarifliche Einkommensteuer auf die Kapitaleinkünfte unter 25 % liegt. Das ist vor allem bei eher niedrigen und mittleren zu versteuernden Einkommen der Fall. Eine konkrete Einkommensgrenze lässt sich ohne individuelle Berechnung nicht angeben; das Gesetz nennt keinen Schwellenwert. Das Finanzamt erstattet dann die Differenz zwischen einbehaltener Abgeltungsteuer und tatsächlicher Steuerlast.
Wie werden gezahlte Stückzinsen beim Kauf einer Aktienanleihe behandelt?
Beim Erwerb einer Aktienanleihe gezahlte Stückzinsen stellen negative Einnahmen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG dar. Sie werden in den allgemeinen Verlustverrechnungstopf eingestellt und mindern die Kapitalerträge im Kalenderjahr des Erwerbs. Es handelt sich nicht um Anschaffungskosten gemäß § 20 Abs. 4 EStG.
Quellen
Bundesministerium der Justiz. "§ 20 EStG – Kapitalvermögen." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__20.html Zugriff am 25. November 2025.
Bundesministerium der Justiz. "§ 32d EStG – Gesonderter Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32d.html Zugriff am 25. November 2025.
Bundesministerium der Finanzen. "Einzelfragen zur Abgeltungsteuer." https://www.bundesfinanzministerium.de Zugriff am 25. November 2025.
Bundesfinanzhof. "Rechtsprechung zu § 20 Abs. 4a EStG." https://www.bundesfinanzhof.de Zugriff am 25. November 2025.