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Was ist die Abzugsfähigkeit?

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 03. Dezember 2025
Lesedauer: 7 Minuten

Alles auf einen Blick

  • Die Abzugsfähigkeit ermöglicht es Steuerpflichtigen, bestimmte Ausgaben von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abzuziehen und so das zu versteuernde Einkommen zu mindern.
  • Betriebsausgaben sind gemäß § 4 Abs. 4 EStG alle Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind.
  • Werbungskosten werden nach § 9 EStG definiert als Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.
  • Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag beträgt 1.230 Euro gemäß § 9a EStG, der Sonderausgaben-Pauschbetrag liegt bei 36 Euro (72 Euro bei Zusammenveranlagung) nach § 10c EStG.
  • Bestimmte Aufwendungen wie Lebenshaltungskosten oder Geldstrafen sind nach § 12 EStG vom Abzug ausgeschlossen.

Abzugsfähigkeit Definition

Die Abzugsfähigkeit bezeichnet im deutschen Steuerrecht die Möglichkeit, bestimmte Aufwendungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens gewinnmindernd oder einkommensmindernd geltend zu machen. Die wesentlichen Kategorien abzugsfähiger Ausgaben sind Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG, Werbungskosten nach § 9 EStG und Sonderausgaben entsprechend § 10 EStG.

Wie wird die Abzugsfähigkeit berücksichtigt?

Betriebsausgaben bei Gewinneinkünften

Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit oder Land- und Forstwirtschaft werden Betriebsausgaben vom Gewinn abgezogen. Das Gesetz definiert in § 4 Abs. 4 EStG Betriebsausgaben als "die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind". Der betriebliche Veranlassungszusammenhang ist das entscheidende Kriterium.

Werbungskosten bei Überschusseinkünften

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstigen Einkünften werden Werbungskosten von den Einnahmen abgezogen. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten "Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen".

Sonderausgaben

Sonderausgaben nach § 10 EStG sind Aufwendungen, die weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten darstellen, aber dennoch steuerlich berücksichtigt werden. Sie werden vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen und mindern so das zu versteuernde Einkommen.

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Werbungskosten eines Arbeitnehmers

Ein Arbeitnehmer pendelt täglich 35 Kilometer zur Arbeit und arbeitet an 220 Tagen im Jahr. Er hat zusätzlich Fachliteratur für 250 Euro erworben.

PositionBerechnungBetrag
Entfernungspauschale (erste 20 km)20 km × 0,30 Euro × 220 Tage1.320 Euro
Erhöhte Pauschale (ab 21. km)15 km × 0,38 Euro × 220 Tage1.254 Euro
Fachliteratur250 Euro
Werbungskosten gesamt2.824 Euro

Ergebnis: Die Werbungskosten von 2.824 Euro übersteigen den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 Euro deutlich, sodass der höhere Betrag abgezogen wird.

Beispiel 2: Betriebsausgaben eines Selbständigen

Eine freiberufliche Beraterin erzielt Einnahmen von 80.000 Euro und hat folgende Betriebsausgaben:

PositionBetrag
Büromiete6.000 Euro
Homeoffice-Pauschale (210 Tage × 6 Euro)1.260 Euro
Fachliteratur und Fortbildung2.500 Euro
Büromaterial und Software1.800 Euro
Betriebsausgaben gesamt11.560 Euro
Einnahmen80.000 Euro
Gewinn68.440 Euro

Ergebnis: Der steuerpflichtige Gewinn beträgt 68.440 Euro nach Abzug der Betriebsausgaben.

Beispiel 3: Sonderausgaben einer Familie

Ein Ehepaar mit einem Kind (5 Jahre) hat folgende Sonderausgaben:

PositionBerechnungBetrag
Kinderbetreuungskosten5.000 Euro × 80 %4.000 Euro
Kirchensteuer1.200 Euro
Berufsausbildung Ehepartner3.500 Euro
Sonderausgaben gesamt8.700 Euro

Ergebnis: Die abzugsfähigen Sonderausgaben betragen 8.700 Euro und mindern das zu versteuernde Einkommen entsprechend.

Ausnahmen und Besonderheiten

Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG

Das Gesetz schließt bestimmte Aufwendungen trotz betrieblicher Veranlassung vom Abzug aus:

  • Geschenke: Aufwendungen für Geschenke an Nicht-Arbeitnehmer sind nur abzugsfähig, wenn sie 50 Euro pro Person und Jahr nicht übersteigen gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG.
  • Bewirtungskosten: Nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG sind nur 70 Prozent der angemessenen Bewirtungsaufwendungen abzugsfähig.
  • Homeoffice-Pauschale: Die Tagespauschale beträgt 6 Euro, maximal 1.260 Euro jährlich nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG.

Nicht abzugsfähige Ausgaben nach § 12 EStG

Folgende Aufwendungen sind generell vom Abzug ausgeschlossen:

  • Haushalts- und Lebenshaltungskosten des Steuerpflichtigen und seiner Familie
  • Freiwillige Zuwendungen und Unterhaltsleistungen
  • Einkommensteuer und Personensteuern
  • Geldstrafen und Geldbußen mit Strafcharakter

Höchstbeträge bei Sonderausgaben

Bestimmte Sonderausgaben unterliegen Höchstgrenzen:

  • Kinderbetreuungskosten: 80 Prozent der Aufwendungen, höchstens 4.800 Euro je Kind und Jahr nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG (für Kinder, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bei unbarer Zahlung, nicht für Unterricht/Freizeitleistungen)
  • Berufsausbildungskosten: bis zu 6.000 Euro jährlich für die eigene erste Berufsausbildung nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG (soweit nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar)
  • Schulgeld: 30 Prozent, höchstens 5.000 Euro nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG
  • Unterhaltsleistungen an geschiedene oder dauernd getrennt lebende Ehegatten: bis zu 13.805 Euro jährlich auf Antrag mit Zustimmung des Empfängers nach § 10 Abs. 1a Nr. 1 EStG (zuzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge)

Vorteile

  • steuerliche Entlastung: Abzugsfähige Ausgaben mindern direkt das zu versteuernde Einkommen und reduzieren so die Steuerlast.

  • vereinfachte Nachweisführung: Pauschbeträge wie der Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 1.230 Euro ermöglichen einen Abzug ohne Einzelnachweise.

  • flexible Gestaltungsmöglichkeiten: Steuerpflichtige können durch gezielte Ausgabenplanung ihre steuerliche Belastung optimieren.

  • breite Anwendbarkeit: Das System der Abzugsfähigkeit gilt für alle Einkunftsarten und berücksichtigt unterschiedliche Lebenssituationen.

  • Förderung beruflicher Aufwendungen: Fortbildungen, Arbeitsmittel und berufsbedingte Mobilität werden steuerlich anerkannt.

Nachteile

  • komplexe Abgrenzungsfragen: Die Unterscheidung zwischen abzugsfähigen und nicht abzugsfähigen Ausgaben erfordert oft Fachkenntnisse.

  • strenge Nachweispflichten: Höhere Werbungskosten oder Betriebsausgaben müssen durch Belege nachgewiesen werden.

  • begrenzte Höchstbeträge: Viele Sonderausgaben und Werbungskosten sind durch gesetzliche Obergrenzen gedeckelt.

  • zeitliche Zuordnung: Ausgaben müssen dem richtigen Veranlagungszeitraum zugeordnet werden, was bei Vorauszahlungen komplex sein kann.

  • Abzugsverbote: Bestimmte Ausgaben wie Geschenke über 50 Euro oder private Lebenshaltungskosten bleiben vollständig unberücksichtigt.

HINWEIS DER REDAKTION
Unser Steuerlexikon basiert auf dem jeweils aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Zeitpunkt der Erstellung. Da sich steuerliche Regelungen dynamisch entwickeln, können spätere Anpassungen erforderlich sein. Wir verfolgen Änderungen kontinuierlich und aktualisieren die Inhalte regelmäßig. Dieses Lexikon ersetzt keine individuelle Steuerberatung. Bitte konsultieren Sie in spezifischen Fällen einen Steuerberater.


Fazit

Die Abzugsfähigkeit ist ein zentrales Element des deutschen Einkommensteuerrechts, das Steuerpflichtigen ermöglicht, beruflich und betrieblich veranlasste Aufwendungen bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens geltend zu machen. Während Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG den Gewinn bei Gewinneinkünften mindern, reduzieren Werbungskosten gemäß § 9 EStG die Überschusseinkünfte. Sonderausgaben nach § 10 EStG ermöglichen zusätzlich den Abzug privater Aufwendungen wie Vorsorgeaufwendungen oder Kinderbetreuungskosten. Die Kenntnis der gesetzlichen Regelungen und Höchstbeträge ist entscheidend, um die steuerlichen Vorteile optimal zu nutzen.

Häufige Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen Betriebsausgaben und Werbungskosten?

Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, und mindern den Gewinn bei Gewinneinkünften wie Einkünften aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit. Werbungskosten nach § 9 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen bei Überschusseinkünften wie Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder Vermietung.

Welche Pauschbeträge gelten für Arbeitnehmer?

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag beträgt nach § 9a EStG 1.230 Euro jährlich und wird automatisch berücksichtigt, wenn keine höheren Werbungskosten nachgewiesen werden. Für Versorgungsbezüge gilt ein Pauschbetrag von 102 Euro.

Wie hoch ist die Entfernungspauschale für Pendler?

Die Entfernungspauschale beträgt gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG 0,30 Euro je Entfernungskilometer für die ersten 20 Kilometer. Ab dem 21. Kilometer gilt für die Jahre 2022 bis 2026 eine erhöhte Pauschale von 0,38 Euro. Der jährliche Höchstbetrag liegt bei 4.500 Euro, es sei denn, ein eigener Pkw wird genutzt.

Welche Sonderausgaben können steuerlich geltend gemacht werden?

Zu den abzugsfähigen Sonderausgaben nach § 10 EStG gehören unter anderem Vorsorgeaufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherung, Kinderbetreuungskosten (80 Prozent, maximal 4.800 Euro je Kind), Berufsausbildungskosten für die Erstausbildung bis zu 6.000 Euro, Kirchensteuer sowie Unterhaltsleistungen an geschiedene Ehegatten bis zu 13.805 Euro jährlich (Realsplitting mit Zustimmung).

Welche Aufwendungen sind vom Abzug ausgeschlossen?

Nach § 12 EStG sind insbesondere Lebenshaltungskosten, freiwillige Zuwendungen, Einkommensteuer und Geldstrafen nicht abzugsfähig. Zudem schließt § 4 Abs. 5 EStG bestimmte Betriebsausgaben wie Geschenke über 50 Euro oder 30 Prozent der Bewirtungskosten vom Abzug aus.

Wie funktioniert die Homeoffice-Pauschale?

Die Homeoffice-Pauschale nach § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG beträgt 6 Euro pro Arbeitstag im Homeoffice, maximal jedoch 1.260 Euro im Kalenderjahr. Dies entspricht 210 Homeoffice-Tagen. Die Pauschale kann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben geltend gemacht werden.

Müssen abzugsfähige Ausgaben nachgewiesen werden?

Pauschbeträge wie der Arbeitnehmer-Pauschbetrag oder der Sonderausgaben-Pauschbetrag werden ohne Nachweis gewährt. Höhere Aufwendungen müssen jedoch durch geeignete Belege wie Rechnungen, Quittungen oder Kontoauszüge nachgewiesen werden, um steuerlich anerkannt zu werden.

Quellen

Bundesministerium der Justiz. "§ 4 EStG – Gewinnbegriff im Allgemeinen." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__4.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "§ 9 EStG – Werbungskosten." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__9.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "§ 10 EStG – Sonderausgaben." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__10.html Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "§ 12 EStG – Nicht abzugsfähige Ausgaben." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__12.html Zugriff am 25. November 2025.

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.