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Was ist die Abspaltung?

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 03. Dezember 2025
Lesedauer: 10 Minuten

Alles auf einen Blick

  • Die Abspaltung ist eine Form der Spaltung gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, bei der ein Rechtsträger einen Vermögensteil auf einen anderen Rechtsträger überträgt und dabei fortbesteht.
  • Steuerneutrale Buchwertfortführung setzt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG voraus, dass sowohl auf die übernehmende Körperschaft ein Teilbetrieb übertragen wird als auch bei der übertragenden Körperschaft ein Teilbetrieb verbleibt (doppeltes Teilbetriebserfordernis).
  • Die Nachspaltungsveräußerungssperre nach § 15 Abs. 2 UmwStG verbietet die Veräußerung nicht, führt aber dazu, dass bei einer Veräußerung von mehr als 20 Prozent der Anteile an außenstehende Personen innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag die Buchwertfortführung rückwirkend versagt wird (unwiderlegbare Vermutung einer vorbereiteten Veräußerung).
  • Die Nachspaltungsveräußerungssperre nach § 15 Abs. 2 UmwStG führt dazu, dass bei einer Veräußerung von mehr als 20 Prozent der Anteile an außenstehende Personen innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag die Buchwertfortführung rückwirkend versagt wird. Bei Sacheinbringungen unter dem gemeinen Wert gilt dagegen gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG eine siebenjährige Sperrfrist, bei deren Verletzung der Einbringungsgewinn rückwirkend zu versteuern ist.
  • Die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger haften gemäß § 133 Abs. 1 UmwG als Gesamtschuldner für vor der Spaltung begründete Verbindlichkeiten.

Abspaltung Definition

Die Abspaltung ist eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungsform gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG, bei der ein Rechtsträger einen Teil oder mehrere Teile seines Vermögens auf einen bestehenden oder neu gegründeten Rechtsträger überträgt. Im Gegensatz zur Aufspaltung bleibt der übertragende Rechtsträger bei der Abspaltung bestehen. Die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers erhalten als Gegenleistung Anteile am übernehmenden Rechtsträger.

Wie wird die Abspaltung steuerlich behandelt?

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Die Abspaltung erfolgt im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge. Gemäß § 131 Abs. 1 UmwG geht das übertragene Vermögen mit Eintragung der Spaltung im Handelsregister als Gesamtheit auf den übernehmenden Rechtsträger über. Die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers werden entsprechend dem Spaltungsvertrag an dem übernehmenden Rechtsträger beteiligt.

Steuerrechtliche Behandlung

Die steuerliche Behandlung der Abspaltung richtet sich nach den §§ 11 bis 13 UmwStG in Verbindung mit § 15 UmwStG. Die übertragende Körperschaft hat gemäß § 11 Abs. 1 UmwStG grundsätzlich den gemeinen Wert anzusetzen. Auf Antrag kann gemäß § 11 Abs. 2 UmwStG der Buchwert oder ein Zwischenwert angesetzt werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die spätere Besteuerung bei der übernehmenden Körperschaft ist sichergestellt.
  • Das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung des übertragenen Vermögens wird nicht ausgeschlossen oder beschränkt.
  • Als Gegenleistung werden ausschließlich Gesellschaftsanteile gewährt.

Teilbetriebsvoraussetzung

Für die Buchwertfortführung bei der Abspaltung gilt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG das doppelte Teilbetriebserfordernis: Auf die übernehmende Körperschaft muss ein Teilbetrieb übertragen werden, und bei der übertragenden Körperschaft muss ein Teilbetrieb verbleiben. Als Teilbetrieb gelten auch Mitunternehmeranteile sowie Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, die das gesamte Nennkapital umfassen.

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Abspaltung eines Produktionsbetriebs

Die A-GmbH betreibt zwei wirtschaftlich eigenständige Teilbetriebe: einen Produktionsbetrieb und einen Handelsbetrieb. Der Produktionsbetrieb soll auf die neu zu gründende B-GmbH abgespalten werden.

PositionProduktionsbetriebHandelsbetrieb
Buchwert der Wirtschaftsgüter500.000 €300.000 €
Gemeiner Wert800.000 €500.000 €

Ergebnis: Da sowohl auf die B-GmbH ein Teilbetrieb (Produktion) übertragen wird als auch bei der A-GmbH ein Teilbetrieb (Handel) verbleibt, ist die Teilbetriebsvoraussetzung des § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG erfüllt. Die Buchwertfortführung zum Wert von 500.000 Euro ist möglich, sofern die weiteren Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG vorliegen und keine Veräußerung an außenstehende Personen erfolgt oder vorbereitet wird.

Beispiel 2: Einbringungsgewinn bei Sperrfristverletzung

Die M-GmbH hat einen Teilbetrieb mit einem Buchwert von 500.000 Euro und einem gemeinen Wert von 850.000 Euro in die N-GmbH eingebracht. Die Einbringung erfolgte zum Buchwert.

PositionBetrag
Gemeiner Wert bei Einbringung850.000 €
− Buchwert bei Einbringung500.000 €
= Stille Reserven350.000 €
Veräußerung nach 5 Jahren: 5/7 Minderung− 250.000 €
= Einbringungsgewinn I100.000 €

Ergebnis: Bei Veräußerung der erhaltenen Anteile fünf Jahre nach dem Einbringungszeitpunkt wird der Einbringungsgewinn I gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG um fünf Siebtel auf 100.000 Euro reduziert. Dieser Einbringungsgewinn gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb; § 16 Abs. 4 und § 34 EStG sind anzuwenden.

Beispiel 3: Verlustaufteilung bei Abspaltung

Die X-GmbH verfügt über einen Verlustvortrag von 700.000 Euro. Bei der Abspaltung auf die Y-GmbH werden Vermögenswerte mit einem gemeinen Wert von 40 Prozent des Gesamtvermögens übertragen.

PositionX-GmbH (verbleibend)Y-GmbH (übernehmend)
Anteil am Vermögen (gemeiner Wert)60 %40 %
Verlustvortrag vor Spaltung700.000 €
Verlustvortrag nach Spaltung420.000 €280.000 €

Ergebnis: Gemäß § 15 Abs. 3 UmwStG mindert sich der Verlustvortrag bei der übertragenden X-GmbH im Verhältnis der übergegangenen Vermögenswerte nach gemeinem Wert. Die Y-GmbH übernimmt 40 Prozent des Verlustvortrags in Höhe von 280.000 Euro.

Ausnahmen und Besonderheiten

Nachspaltungsveräußerungssperre

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist die Buchwertfortführung ausgeschlossen, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen oder vorbereitet wird. Als außenstehende Personen gelten gemäß § 15 Abs. 2 Satz 3 UmwStG Personen, die nicht ununterbrochen fünf Jahre vor dem steuerlichen Übertragungsstichtag an der übertragenden Körperschaft beteiligt waren.

Eine unwiderlegbare Vermutung für die Vorbereitung einer Veräußerung besteht gemäß § 15 Abs. 2 Satz 4 UmwStG, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile von mehr als 20 Prozent des Wertes an außenstehende Personen veräußert werden.

Konzernausnahme

Verbundene Unternehmen im Sinne des § 271 Abs. 2 HGB gelten gemäß § 15 Abs. 2 Satz 5 UmwStG nicht als außenstehende Personen.

Siebenjährige Sperrfrist bei Einbringung

Gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG gilt bei Sacheinlagen unter dem gemeinen Wert eine siebenjährige Sperrfrist. Bei Veräußerung der erhaltenen Anteile innerhalb dieser Frist wird der Einbringungsgewinn rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung besteuert. Der Einbringungsgewinn mindert sich um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr.

Gesamtschuldnerische Haftung

Die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger haften gemäß § 133 Abs. 1 UmwG als Gesamtschuldner für Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet wurden. Die Haftung der Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten nicht zugewiesen wurden, ist gemäß § 133 Abs. 3 UmwG auf fünf Jahre nach Bekanntmachung der Eintragung begrenzt und auf das zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränkt.

Vorteile

  • flexible Unternehmensrestrukturierung: Die Abspaltung ermöglicht die Trennung von Unternehmensbereichen unter Fortbestand des übertragenden Rechtsträgers.

  • steuerliche Neutralität: Bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 und § 15 Abs. 1 UmwStG ist eine Buchwertfortführung ohne sofortige Aufdeckung stiller Reserven möglich.

  • partielle Gesamtrechtsnachfolge: Der Vermögensübergang erfolgt gemäß § 131 UmwG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge ohne einzelne Übertragungsakte.

  • erhaltene Verlustvorträge: Verlustvorträge können gemäß § 15 Abs. 3 UmwStG anteilig auf die übernehmende Körperschaft übergehen.

  • gesellschaftsrechtliche Kontinuität: Die bisherige Beteiligungsstruktur kann durch proportionale Anteilsgewährung an die Altgesellschafter erhalten bleiben.

Nachteile

  • doppeltes Teilbetriebserfordernis: Die Buchwertfortführung setzt gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG voraus, dass sowohl übertragenes als auch verbleibendes Vermögen jeweils einen Teilbetrieb darstellt.

  • fünfjährige Nachspaltungsveräußerungssperre: Veräußerungen von mehr als 20 Prozent der Anteile an außenstehende Personen innerhalb von fünf Jahren gefährden gemäß § 15 Abs. 2 UmwStG die Buchwertfortführung.

  • siebenjährige Sperrfrist bei Einbringung: Bei Sacheinbringungen unter dem gemeinen Wert droht gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG bei Anteilsveräußerung innerhalb von sieben Jahren die rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns.

  • gesamtschuldnerische Haftung: Alle an der Spaltung beteiligten Rechtsträger haften gemäß § 133 Abs. 1 UmwG für Altverbindlichkeiten als Gesamtschuldner.

  • hohe Komplexität: Die Abspaltung erfordert gemäß § 126 UmwG einen notariell beurkundeten Spaltungsvertrag mit umfangreichen Mindestinhalten.

HINWEIS DER REDAKTION
Unser Steuerlexikon basiert auf dem jeweils aktuellen Stand von Rechtsprechung und Gesetzgebung zum Zeitpunkt der Erstellung. Da sich steuerliche Regelungen dynamisch entwickeln, können spätere Anpassungen erforderlich sein. Wir verfolgen Änderungen kontinuierlich und aktualisieren die Inhalte regelmäßig. Dieses Lexikon ersetzt keine individuelle Steuerberatung. Bitte konsultieren Sie in spezifischen Fällen einen Steuerberater.


Fazit

Die Abspaltung nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG ermöglicht Unternehmen die steuerlich begünstigte Ausgliederung von Vermögensteilen unter Fortbestand des übertragenden Rechtsträgers. Die Buchwertfortführung gemäß § 15 Abs. 1 UmwStG setzt das doppelte Teilbetriebserfordernis voraus und unterliegt der fünfjährigen Nachspaltungsveräußerungssperre gemäß § 15 Abs. 2 UmwStG. Zusätzlich ist bei Abspaltungen unter dem gemeinen Wert die fünfjährige Sperrfrist des § 15 Abs. 2 UmwStG zu beachten. Angesichts der komplexen Voraussetzungen und Sperrfristen empfiehlt sich eine umfassende steuerliche und gesellschaftsrechtliche Beratung vor Durchführung einer Abspaltung.

Häufige Fragen (FAQ)

Was unterscheidet die Abspaltung von der Aufspaltung und der Ausgliederung?

Bei der Abspaltung gemäß § 123 Abs. 1 Nr. 2 UmwG überträgt der übertragende Rechtsträger Vermögensteile auf einen anderen Rechtsträger und besteht selbst fort. Die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers erhalten Anteile am übernehmenden Rechtsträger. Bei der Aufspaltung gemäß § 123 Abs. 1 UmwG erlischt der übertragende Rechtsträger hingegen vollständig. Bei der Ausgliederung gemäß § 123 Abs. 3 UmwG erhält nicht die Anteilsinhaber, sondern der übertragende Rechtsträger selbst Anteile am übernehmenden Rechtsträger.

Welche Voraussetzungen müssen für die Buchwertfortführung bei einer Abspaltung erfüllt sein?

Die Buchwertfortführung erfordert gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, dass auf die übernehmende Körperschaft ein Teilbetrieb übertragen wird und bei der übertragenden Körperschaft ein Teilbetrieb verbleibt. Zusätzlich müssen die Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 UmwStG erfüllt sein: Sicherstellung der späteren Besteuerung, Erhalt des deutschen Besteuerungsrechts und Gewährung ausschließlich von Gesellschaftsanteilen als Gegenleistung.

Wie wirkt sich die Nachspaltungsveräußerungssperre auf die Buchwertfortführung aus?

Gemäß § 15 Abs. 2 UmwStG ist die Buchwertfortführung ausgeschlossen, wenn durch die Spaltung eine Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen oder vorbereitet wird. Eine unwiderlegbare Vermutung für die Vorbereitung liegt vor, wenn innerhalb von fünf Jahren nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag Anteile von mehr als 20 Prozent des Wertes an außenstehende Personen veräußert werden.

Was passiert bei Verletzung der siebenjährigen Sperrfrist nach § 22 UmwStG?

Bei Veräußerung der durch die Einbringung erhaltenen Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist wird gemäß § 22 Abs. 1 UmwStG der Einbringungsgewinn rückwirkend im Wirtschaftsjahr der Einbringung als Gewinn nach § 16 EStG besteuert. Der Einbringungsgewinn berechnet sich aus der Differenz zwischen gemeinem Wert und Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter, vermindert um ein Siebtel für jedes abgelaufene Jahr seit der Einbringung.

Wie werden Verlustvorträge bei einer Abspaltung behandelt?

Gemäß § 15 Abs. 3 UmwStG mindern sich bei einer Abspaltung die verbleibenden Verluste, die Verlustvorträge, die negativen Einkünfte, der Zinsvortrag und der EBITDA-Vortrag der übertragenden Körperschaft im Verhältnis der übergegangenen Vermögenswerte nach gemeinem Wert. Der entsprechende Anteil geht auf die übernehmende Körperschaft über.

Welche Haftungsrisiken bestehen bei einer Abspaltung?

Die an der Spaltung beteiligten Rechtsträger haften gemäß § 133 Abs. 1 UmwG als Gesamtschuldner für Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers, die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begründet wurden. Diese Haftung ist gemäß § 133 Abs. 3 UmwG für Rechtsträger, denen die Verbindlichkeiten nicht zugewiesen wurden, auf fünf Jahre begrenzt und auf das zugeteilte Nettoaktivvermögen beschränkt.

Quellen

Bundesministerium der Justiz. "Umwandlungsgesetz (UmwG) §§ 123, 131, 133." https://www.gesetze-im-internet.de/umwg_1995/ Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) §§ 11, 15, 22." https://www.gesetze-im-internet.de/umwstg_2006/ Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Finanzen. "BMF-Schreiben zum Umwandlungssteuerrecht (Umwandlungssteuererlass – UmwStE)." https://www.bundesfinanzministerium.de Zugriff am 25. November 2025.

Bundesministerium der Justiz. "Handelsgesetzbuch (HGB) § 271 Abs. 2." https://www.gesetze-im-internet.de/hgb/__271.html Zugriff am 25. November 2025.

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.