Alles auf einen Blick
- Abbruchkosten umfassen alle Aufwendungen für den Abriss eines Gebäudes, einschließlich Genehmigungen, Abbrucharbeiten und Entsorgung.
- Die steuerliche Behandlung richtet sich nach der Erwerbsabsicht und dem wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes gemäß H 6.4 EStH.
- Bei Erwerb ohne Abbruchabsicht sind Abbruchkosten und Restbuchwert als Betriebsausgaben oder Werbungskosten sofort abziehbar.
- Bei Erwerb mit Abbruchabsicht gehören Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des Neubaus oder zu den Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
- Die Drei-Jahres-Frist begründet einen Anscheinsbeweis für eine Abbruchabsicht gemäß BFH-Rechtsprechung.
Abbruchkosten Definition
Abbruchkosten bezeichnen sämtliche Aufwendungen, die für die vollständige oder teilweise Beseitigung eines Gebäudes oder einer baulichen Anlage anfallen. Hierzu zählen die Kosten für Abbruchgenehmigungen, die eigentlichen Abrissarbeiten, die getrennte Sammlung von Bauabfällen sowie deren Entsorgung und Abtransport. Die steuerliche Behandlung richtet sich nach den Grundsätzen des H 6.4 EStH in Verbindung mit § 6 EStG und § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG.
Wie werden die Abbruchkosten berücksichtigt?
Die steuerliche Behandlung von Abbruchkosten hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab: der Erwerbsabsicht beim Kauf des Grundstücks und dem wirtschaftlichen Verbrauch des Gebäudes im Erwerbszeitpunkt. Der Große Senat des BFH hat mit Beschluss vom 12.06.1978 (GrS 1/77, BStBl II 1978, 620) die grundlegenden Kriterien für die Abgrenzung festgelegt.
Die vier Fallgruppen nach H 6.4 EStH
Fall 1 – Grundstück bereits im Eigentum:
Reißt ein Steuerpflichtiger ein Gebäude auf seinem bereits seit Jahren gehörenden Grundstück ab, sind die Abbruchkosten und der Restbuchwert in der Regel sofort als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. In diesen Fällen wird angenommen, dass das Gebäude technisch oder wirtschaftlich verbraucht ist. Der Restbuchwert kann gemäß § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG als Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) gewinnmindernd ausgebucht werden.
Fall 2 – Erwerb ohne Abbruchabsicht:
Wurde das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben und entschließt sich der Steuerpflichtige erst später zum Abriss, sind die Abbruchkosten und der Restbuchwert ebenfalls sofort abziehbar. Dies gilt auch bei einem in Teilabbruchabsicht erworbenen Gebäude für die Teile, deren Abbruch ursprünglich nicht geplant war.
Fall 3 – Erwerb mit Abbruchabsicht:
Wurde ein technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchtes Gebäude in Abbruchabsicht erworben, gehören der Restbuchwert und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes, sofern der Abbruch mit dessen Herstellung in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang steht. Fehlt dieser Zusammenhang, sind die Abbruchkosten den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen.
Fall 4 – Einlage aus dem Privatvermögen:
Wird ein privat genutztes Gebäude abgerissen, um ein Betriebsgebäude zu errichten, gehören der Wert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neu errichteten Gebäudes.
Besonderheit bei objektiv wertlosen Gebäuden
War das Gebäude im Erwerbszeitpunkt objektiv wertlos, entfallen die gesamten Anschaffungskosten auf den Grund und Boden (BFH vom 15.02.1989, BStBl 1989 II S. 604). Ein Gebäude gilt als wirtschaftlich verbraucht, wenn für Erwerber und Veräußerer die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung durch Nutzung oder anderweitige Veräußerung endgültig entfallen ist (BFH vom 17.09.2008, IX R 64/07, BStBl 2009 II S. 299).
Die Drei-Jahres-Frist als Anscheinsbeweis
Beginnt der Erwerber innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb mit dem Abbruch des Gebäudes, spricht der Beweis des ersten Anscheins für einen Erwerb in Abbruchabsicht. Die Frist beginnt grundsätzlich mit dem Abschluss des obligatorischen Rechtsgeschäfts, also dem notariellen Kaufvertrag. Der Steuerpflichtige kann diese Vermutung widerlegen, indem er glaubhaft darlegt, dass er den Abriss beim Erwerb noch nicht beabsichtigte.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Grundstück bereits im Eigentum
Ein Unternehmer besitzt seit 15 Jahren ein Betriebsgrundstück mit einer Lagerhalle. Der Restbuchwert beträgt 40.000 Euro. Er entschließt sich, die alte Halle abzureißen und einen Neubau zu errichten. Die Abbruchkosten betragen 25.000 Euro.
| Position | Betrag |
|---|---|
| Restbuchwert des alten Gebäudes | 40.000 Euro |
| + Abbruchkosten | 25.000 Euro |
| = Sofort abziehbare Betriebsausgaben | 65.000 Euro |
Ergebnis: Die Abbruchkosten und der Restbuchwert sind im Jahr des Abbruchs in voller Höhe als Betriebsausgaben abziehbar, da das Gebäude dem Steuerpflichtigen bereits seit Jahren gehörte.
Beispiel 2: Erwerb mit Abbruchabsicht und Neubau
Ein Investor erwirbt ein bebautes Grundstück für 500.000 Euro. Davon entfallen 150.000 Euro auf das bestehende Gebäude, das technisch noch nicht verbraucht ist. Der Investor beabsichtigt bereits beim Kauf, das Gebäude abzureißen und ein Mehrfamilienhaus zu errichten. Die Abbruchkosten betragen 35.000 Euro.
| Position | Betrag |
|---|---|
| Kaufpreisanteil Gebäude | 150.000 Euro |
| + Abbruchkosten | 35.000 Euro |
| = Herstellungskosten des Neubaus | 185.000 Euro |
Ergebnis: Der Gebäuderestwert und die Abbruchkosten erhöhen die Herstellungskosten des neuen Gebäudes und werden über die Nutzungsdauer abgeschrieben.
Beispiel 3: Erwerb mit Abbruchabsicht ohne Neubau
Ein Steuerpflichtiger erwirbt ein Grundstück mit einem noch nicht verbrauchten Gebäude für 400.000 Euro (davon 100.000 Euro Gebäudeanteil) mit der Absicht, das Gebäude abzureißen, um das Grundstück als Parkplatz zu nutzen. Die Abbruchkosten betragen 20.000 Euro.
| Position | Betrag |
|---|---|
| Kaufpreis Grund und Boden | 300.000 Euro |
| + Kaufpreisanteil Gebäude | 100.000 Euro |
| + Abbruchkosten | 20.000 Euro |
| = Anschaffungskosten Grund und Boden | 420.000 Euro |
Ergebnis: Da kein Neubau errichtet wird, gehören der Gebäuderestwert und die Abbruchkosten zu den nicht abschreibbaren Anschaffungskosten des Grund und Bodens.
Ausnahmen und Besonderheiten
Teilabbruch
Die Grundsätze für den vollständigen Gebäudeabbruch gelten entsprechend für den Teilabbruch. Bei einem Teilabbruch innerhalb von drei Jahren nach dem Erwerb spricht ebenfalls ein Anscheinsbeweis für eine Umbauabsicht. Die auf die abgebrochenen Teile entfallenden Kosten und der anteilige Restbuchwert sind gegebenenfalls im Wege der Schätzung zu ermitteln.
Unentgeltlicher Erwerb
Die Rechtsgrundsätze zur Behandlung von Abbruchkosten gelten auch für den unentgeltlichen Erwerb, etwa im Wege der vorweggenommenen Erbfolge. Die aus der Abbruchabsicht resultierende Qualifikation als Herstellungskosten des neuen Gebäudes bleibt von der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG unberührt (BFH vom 27.05.2020, III R 17/19, BStBl 2021 II S. 748).
Abbruch auf fremdem Grund und Boden
Wird ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden errichtet und später abgerissen, gelten besondere Regelungen. Die Abbruchkosten können unter bestimmten Voraussetzungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sein.
Widerlegung des Anscheinsbeweises
Der Steuerpflichtige kann den Anscheinsbeweis der Abbruchabsicht entkräften, wenn er nachweist, dass der Abbruch durch ein außergewöhnliches Ereignis notwendig wurde, etwa durch einen Brand oder einen behördlich angeordneten Abriss wegen Baufälligkeit.
Vorteile
sofortiger Steuereffekt: Bei Erwerb ohne Abbruchabsicht sind Abbruchkosten und Restbuchwert im Jahr des Abbruchs vollständig abziehbar.
steuerliche Planungssicherheit: Die klare Abgrenzung nach H 6.4 EStH ermöglicht eine verlässliche steuerliche Einordnung.
flexible Gestaltungsmöglichkeiten: Durch entsprechende Dokumentation der Erwerbsabsicht lässt sich die steuerliche Behandlung beeinflussen.
AfaA-Berechtigung: Bei wirtschaftlich oder technisch verbrauchten Gebäuden kann der Restbuchwert gemäß § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG sofort abgeschrieben werden.
Nachteile
eingeschränkter Sofortabzug: Bei Erwerb mit Abbruchabsicht entfällt der sofortige Betriebsausgabenabzug.
langfristige Kapitalbindung: Als Herstellungskosten des Neubaus werden Abbruchkosten nur über die Nutzungsdauer des neuen Gebäudes abgeschrieben.
Beweislast bei Drei-Jahres-Frist: Der Steuerpflichtige trägt die Beweislast für die Widerlegung des Anscheinsbeweises.
nicht abschreibbare Anschaffungskosten: Bei Zurechnung zum Grund und Boden sind die Abbruchkosten steuerlich nicht absetzbar.
komplexe Abgrenzung: Die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Fallgruppen erfordert sorgfältige steuerliche Prüfung.
Fazit
Die steuerliche Behandlung von Abbruchkosten richtet sich nach den in H 6.4 EStH festgelegten Grundsätzen und der ständigen BFH-Rechtsprechung seit dem Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 12.06.1978 (GrS 1/77). Entscheidend für die Abzugsfähigkeit als sofortige Betriebsausgaben oder Werbungskosten ist, ob das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben wurde oder ob es im Erwerbszeitpunkt bereits wirtschaftlich verbraucht war. Die Drei-Jahres-Frist dient der Finanzverwaltung als wichtiges Indiz für das Vorliegen einer Abbruchabsicht, kann jedoch durch den Steuerpflichtigen widerlegt werden. Eine sorgfältige Dokumentation der Erwerbsmotive und eine frühzeitige steuerliche Beratung sind daher bei Grundstückstransaktionen mit Abbruchpotenzial unerlässlich.
Häufige Fragen (FAQ)
Was sind Abbruchkosten im steuerlichen Sinne?
Abbruchkosten umfassen alle Aufwendungen für die Beseitigung eines Gebäudes, einschließlich Genehmigungsgebühren, Abrissarbeiten, Entsorgung und Abtransport von Bauschutt. Steuerlich relevant ist die Abgrenzung von den Herstellungskosten eines Neubaus oder den Anschaffungskosten des Grund und Bodens gemäß H 6.4 EStH.
Wann sind Abbruchkosten sofort als Betriebsausgaben abziehbar?
Abbruchkosten sind sofort abziehbar, wenn der Steuerpflichtige das Grundstück bereits seit Jahren besitzt und das Gebäude für ihn wirtschaftlich verbraucht ist, oder wenn er das Gebäude ohne Abbruchabsicht erworben hat und sich erst später zum Abriss entschließt. In diesen Fällen erfolgt auch eine AfaA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 7 EStG.
Welche Bedeutung hat die Drei-Jahres-Frist bei Abbruchkosten?
Beginnt der Erwerber innerhalb von drei Jahren nach dem Kauf mit dem Abbruch, vermutet die Finanzverwaltung eine Abbruchabsicht. Dieser Anscheinsbeweis führt dazu, dass die Abbruchkosten nicht sofort abzugsfähig sind, sondern den Herstellungskosten des Neubaus oder den Anschaffungskosten des Grund und Bodens zugerechnet werden.
Wie werden Abbruchkosten bei Erwerb mit Abbruchabsicht behandelt?
Bei Erwerb mit Abbruchabsicht gehören der Restbuchwert und die Abbruchkosten zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes, sofern ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Neubau besteht. Wird kein Neubau errichtet, sind sie den nicht abschreibbaren Anschaffungskosten des Grund und Bodens zuzurechnen.
Was bedeutet wirtschaftlich verbraucht bei Gebäuden?
Ein Gebäude ist wirtschaftlich verbraucht, wenn für Erwerber und Veräußerer die Möglichkeit einer wirtschaftlich sinnvollen Verwendung durch Nutzung oder anderweitige Veräußerung endgültig entfallen ist. Bei objektiv wertlosen Gebäuden entfällt der gesamte Kaufpreis auf den Grund und Boden, unabhängig von einer vertraglichen Kaufpreisaufteilung.
Gelten die Abbruchkosten-Regeln auch bei unentgeltlichem Erwerb?
Die Rechtsgrundsätze gelten auch für den unentgeltlichen Erwerb, etwa bei vorweggenommener Erbfolge. Gemäß BFH-Urteil vom 27.05.2020 (III R 17/19) bleibt die aus der Abbruchabsicht resultierende Qualifikation als Herstellungskosten von der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG unberührt.
Wie kann der Anscheinsbeweis der Abbruchabsicht widerlegt werden?
Der Steuerpflichtige kann den Anscheinsbeweis entkräften, indem er glaubhaft darlegt, dass er den Abriss beim Erwerb noch nicht beabsichtigte. Hierzu eignen sich Nachweise wie der Nachweis eines außergewöhnlichen Ereignisses, das den Abbruch notwendig machte, oder Dokumente, die eine ursprüngliche Nutzungsabsicht belegen.
Quellen
Bundesministerium der Finanzen. "H 6.4 EStH Abbruchkosten." Einkommensteuer-Hinweise 2023. Zugriff am 25. November 2025.
Bundesministerium der Justiz. "§ 6 EStG – Bewertung." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__6.html Zugriff am 25. November 2025.
Bundesfinanzhof. "Beschluss des Großen Senats vom 12.06.1978 – GrS 1/77." BStBl II 1978, 620. Zugriff am 25. November 2025.
Bundesfinanzhof. "Urteil vom 27.05.2020 – III R 17/19." BStBl 2021 II S. 748. Zugriff am 25. November 2025.
Bundesfinanzhof. "Urteil vom 06.02.1979 – IV R 154/74." BStBl II 1979, 509 (zur Fristberechnung). Zugriff am 25. November 2025.
Bundesfinanzhof. "Urteil vom 15.10.1996 – IX R 47/92." BStBl II 1997, 325 (zum Teilabbruch). Zugriff am 25. November 2025.