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Steuerberatung Allgemein

Spekulationssteuer beim Verkauf einer geerbten Immobilie – das ist zu beachten 

Kirsten Weißbacher
Verfasst von Kirsten Weißbacher
Zuletzt aktualisiert: 09. Mai 2025
Lesedauer: 6 Minuten
© Wasan Tita / istockphoto.com

Beim Thema Erbschaft und Steuern steht für viele zuerst die Erbschaftssteuer im Vordergrund. Doch es gibt noch mehr zu bedenken. Im Kern übernimmt der Erbe die rechtliche und steuerliche Position des Verstorbenen in vollem Umfang. Das bedeutet, dass Steuerverpflichtungen, die bereits vor dem Erbfall entstanden sind, mit der Erbschaft auf den Erben übergehen. Befindet sich eine Immobilie im Nachlass und soll diese veräußert werden, kann eine weitere Steuer relevant werden: die Spekulationssteuer. 

Die Grundsätze der Spekulationssteuer bei Immobilien 

Wird ein Haus oder eine Wohnung aus dem Privatvermögen mit Gewinn verkauft, kann das Finanzamt auf diesen Gewinn eine Steuer erheben. Im Volksmund wird diese Steuer oft als Spekulationssteuer bezeichnet, Fachleute sprechen von der „Besteuerung von Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften“ gemäß § 23 Einkommensteuergesetz (EStG). 
 
Die Spekulationssteuerpflicht hängt davon ab, ob die Immobilie selbst oder durch Dritte genutzt wurde. Keine Spekulationssteuer wird erhoben, wenn die Immobilie durchgängig vom Verkäufer bewohnt wurde oder im Verkaufsjahr und den beiden vorherigen Kalenderjahren der Eigennutzung diente. Dies gilt ebenfalls, wenn die Immobilie von einem Ehe- oder Lebenspartner bewohnt wurde. Sollte die Immobilie jedoch vor Ablauf der Zehnjahresfrist verkauft werden und wurde sie nicht durch den Verkäufer selbst genutzt, ist die Spekulationssteuer zu entrichten. 
 
Ein privates Veräußerungsgeschäft, und damit eine potenzielle Steuerpflicht, entsteht nicht, wenn der Eigentumsverlust an einem Grundstück unabhängig vom Willen des Steuerpflichtigen erfolgt. Dies entschied der Bundesfinanzhof im Jahr 2019 (Aktenzeichen IX 28/18). Konkret bedeutet dies: Erfolgt der Verlust des Grundstückseigentums durch eine Zwangsenteignung aufgrund eines Sonderungsbescheids, entsteht für eine Privatperson keine Steuerpflicht. Im geschäftlichen Kontext gelten solche Regelungen jedoch üblicherweise nicht. 
 
Viele Immobilienbesitzer stellen sich die Frage: Kann ich die Steuerlast senken mithilfe von Immobilien und über vorhandene Ausnahmen die Spekulationssteuerpflicht umgehen? Es gibt durchaus legale Taktiken zur Steueroptimierung. Dazu gehören zum Beispiel ausgedehnte Verkaufsgespräche, die dazu führen, dass der Kaufvertrag erst nach Ablauf der Frist unterzeichnet wird. 

Wann die Spekulationsfrist im Falle der Erbschaft zu laufen beginnt 

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Gewinne aus dem Verkauf von Grundstücken nicht steuerpflichtig, wenn zwischen Kauf und Verkauf mehr als zehn Jahre liegen, was als Spekulationsfrist bezeichnet wird. Der Kauf muss dabei ein entgeltlicher Erwerb vom Dritten sein, entweder durch Barzahlung oder als Teil eines Immobilientauschgeschäfts. Steuern auf den Gewinn aus dem Verkauf müssen also nur gezahlt werden, wenn für den Erwerb Kosten entstanden sind. Folglich fallen geerbte oder geschenkte Immobilien nicht unter diese Regelung, da sie nicht im herkömmlichen Sinne angeschafft wurden. Die zehnjährige Frist beginnt nicht mit dem Erhalt der Immobilie durch Erbschaft oder Schenkung. 
 
Stattdessen wird die Spekulationsfrist des Erblassers auf den neuen Eigentümer in Form des Erben übertragen. Das heißt, wenn der Verstorbene das Objekt vor mehr als zehn Jahren erworben hat und es vermietet wurde, ist der neue Eigentümer beim Verkauf von der Spekulationssteuer befreit. Hat der Erblasser die Immobilie allerdings beispielsweise nur fünf Jahre vor dem Erbfall gekauft, muss der neue Eigentümer fünf Jahre abwarten, um das Objekt spekulationssteuerfrei veräußern zu können. 

Erbteilskaufvertrag – die Besonderheiten im Überblick 

Kauft ein Miterbe den Anteil eines anderen Miterben gegen Bezahlung, entstehen ihm dadurch Anschaffungskosten für das zum Nachlass gehörende Grundstück. Ein Gewinn aus dem Verkauf dieses Anteils innerhalb der Zehnjahresfrist nach dem Erwerb ist steuerpflichtig, wie ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 20. April 2004 (Aktenzeichen IX R 5/02) feststellt.  
 
Als Beispiel: Nach dem Ableben ihrer Mutter erben die Kinder A und B je zur Hälfte, einschließlich einer Immobilie, die die Mutter schon vor mehr als zehn Jahren erworben hatte. Veräußern sie die Immobilie gemeinsam an eine dritte Person, wird die Besitzdauer der Mutter berücksichtigt, und es ergibt sich kein steuerpflichtiger Spekulationsgewinn. Wenn jedoch Kind A den Erbteil von Kind B erwirbt und dann die Immobilie verkauft, tritt Folgendes ein: Für Kind B resultiert aus dem Verkauf seines Erbanteils kein steuerpflichtiger Gewinn. Kind A übernimmt für seinen ursprünglichen Erbanteil (50 Prozent) die Besitzdauer der Mutter. Für den zugekauften Anteil beginnt jedoch eine neue Spekulationsfrist von zehn Jahren. Veräußert Kind A die Immobilie, bevor diese Frist verstrichen ist, wird der Gewinn aus der Hälfte des Verkaufs steuerpflichtig. Beide Szenarien unter der Annahme, dass weder Kind A noch Kind B in der Immobilie gewohnt haben. 

Erbschaftsimmobilien im Ausland – auch hier greift die Spekulationssteuer 

Gewinne aus dem Verkauf von Immobilien im Ausland müssen von Personen, die in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind, ebenfalls versteuert werden. Dies ergibt sich aus dem Welteinkommensprinzip, das besagt, dass auch Spekulationsgewinne aus dem Ausland nach § 23 EStG zu versteuern sind.  
 
Diese Regelung findet uneingeschränkt Anwendung, solange kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) bezüglich der Einkommenssteuer zwischen Deutschland und dem Land, in dem die Immobilie liegt, besteht. Existiert ein solches Abkommen, wird das Besteuerungsrecht für den Verkauf von Immobilien meist dem Land zugesprochen, in dem sich die Immobilie befindet, sodass Deutschland den Gewinn aus dieser Veräußerung steuerfrei stellt. 

Höhe der Spekulationssteuer – welche Posten abgezogen werden können 

Die Spekulationssteuer, die sich nach dem persönlichen Einkommensteuersatz richtet, wird nicht auf den gesamten Erlös aus dem Verkauf einer Immobilie erhoben, sondern nur auf den erzielten Gewinn während der Spekulationsfrist. Beispiel: Wurde die Immobilie für 500.000 Euro erworben und innerhalb der Spekulationsfrist für 550.000 Euro verkauft, dann beträgt der steuerpflichtige Gewinn lediglich 50.000 Euro. 
 
Ausgaben, die beim Kauf der Immobilie entstanden sind, können bei der Berechnung der Spekulationssteuer berücksichtigt werden. Neben Notarkosten können auch Maklergebühren abgesetzt werden. Von der Bemessungsgrundlage für die Spekulationssteuer können auch Renovierungskosten abgezogen werden, die in den ersten drei Jahren nach dem Erwerb der Immobilie angefallen sind, sowie Aufwendungen für unbedingt notwendige Renovierungen anlässlich des Verkaufs. 
 
Die aktuelle Energieeinsparverordnung verlangt, dass beim Verkauf einer Immobilie ein Energieausweis vorgelegt wird, der die Energieeffizienz des Gebäudes zertifiziert. Ob die Ausgaben für diesen Energieausweis steuerlich abgesetzt werden können, ist von verschiedenen Umständen abhängig. Beim Verkauf eines selbst bewohnten Hauses lassen sich diese Kosten normalerweise nicht steuerlich geltend machen. Eine Ausnahme bildet der Fall, wenn die Immobilie innerhalb der Spekulationsfrist verkauft wird und auf den erzielten Gewinn Steuern gezahlt werden müssen. In diesem Szenario können die Kosten für den Energieausweis vom steuerpflichtigen Gewinn abgezogen werden. 

Über unsere*n Autor*in
Kirsten Weißbacher
Kirsten hat Germanistik in Hamburg studiert und im Anschluss ein Volontariat gemacht. Nach ihrem Start in der Unternehmenskommunikation eines lokalen Herstellers wechselte sie in die freiberufliche Tätigkeit. Seit Februar 2024 ist Kirsten bei Digitale Seiten und schreibt dort Ratgeber zu Handwerksthemen aller Art.