Alles auf einen Blick:
- Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eine vereinfachte Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG.
- Alle EÜR-Pflichtigen müssen die Anlage EÜR elektronisch übermitteln (§ 60 Abs. 4 EStDV).
- Buchführungspflicht tritt ab 80.000 Euro Gewinn oder 800.000 Euro Umsatz ein.
- Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 800 Euro können sofort abgesetzt werden (§ 6 Abs. 2 EStG).
- Freiberufler ohne Buchführung dürfen die Ist-Besteuerung unabhängig vom Umsatz beantragen (§ 20 Satz 1 Nr. 3 UStG); für die Antragstellung ist eine Anmeldung beim Finanzamt erforderlich.
Einnahmen-Überschuss-Rechnung Definition
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) ist eine vereinfachte Gewinnermittlungsmethode nach § 4 Abs. 3 EStG, bei der der Gewinn als Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ermittelt wird. Diese Methode steht Steuerpflichtigen zur Verfügung, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen. Die Gewinnermittlung erfolgt nach dem Zufluss- und Abflussprinzip (§ 11 Abs. 1 und 2 EStG).
Wie wird die Einnahmen-Überschuss-Rechnung berücksichtigt?
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung funktioniert nach dem Kassenprinzip (Zufluss-/Abflussprinzip). Einnahmen werden dem Kalenderjahr zugerechnet, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 EStG). Ausgaben werden dem Kalenderjahr zugeordnet, in dem sie geleistet worden sind (§ 11 Abs. 2 EStG). Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben, die kurz vor oder nach dem Jahreswechsel anfallen und deren Fälligkeit und Zahlung innerhalb eines 10-Tage-Fensters liegen, werden dem Jahr zugerechnet, zu dem sie wirtschaftlich gehören (§ 11 Abs. 1–2 EStG).
Betriebsausgaben und Freibeträge
Betriebsausgaben werden in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt, wenn sie den Betrieb unmittelbar betreffen. Geringwertige Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bis zu 800 Euro können nach § 6 Abs. 2 EStG im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Vorauszahlungen für Nutzungsüberlassungen, die sich über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren erstrecken, sind gleichmäßig auf den Zeitraum zu verteilen (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG).
Vermögensverzeichnisse und Bestandsaufnahme
Nach § 4 Abs. 3 Sätze 4–5 EStG sind spezifische Wirtschaftsgüter in besondere, laufend zu führende Verzeichnisse aufzunehmen: nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Anteile, Wertpapiere, Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens. Diese Verzeichnisse enthalten Angaben zum Zeitpunkt des Erwerbs oder der Herstellung, zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie zum Ersatzwert. Nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, Anteile, Wertpapiere und Grundstücke werden erst bei Veräußerungserlös oder Entnahme berücksichtigt (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG).
Durchlaufende Posten
Durchlaufende Posten werden bei der Gewinnermittlung nicht berücksichtigt (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG). Dies sind Zahlungen, die der Unternehmer nur weitergeleitet hat, ohne sie als Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben zu erfassen.
Praktische Beispiele
Beispiel 1: Freiberufler mit niedriger Betriebseinnahme
Ein Steuerberater hat 2025 Betriebseinnahmen von 12.000 Euro. Betriebsausgaben belaufen sich auf 3.500 Euro für Büromaterial, Versicherungen und Fahrtkosten. Der Gewinn beträgt 8.500 Euro. Die Gewinnermittlung erfolgt über die Anlage EÜR, die elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden muss.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Betriebseinnahmen | 12.000 Euro |
| − Betriebsausgaben | 3.500 Euro |
| = Gewinn | 8.500 Euro |
Ergebnis: Die EÜR bleibt die zulässige Gewinnermittlungsmethode, da weder Gewinn noch Umsatz die Buchführungspflicht-Grenzen erreichen.
Beispiel 2: Handwerksbetrieb mit Investitionen
Ein Handwerker hat 2025 Betriebseinnahmen von 95.000 Euro. Betriebsausgaben belaufen sich auf 35.000 Euro. Zusätzlich erwirbt er eine neue Werkstattausrüstung für 500 Euro, die als geringwertiges Wirtschaftsgut sofort abgesetzt werden kann. Der Gewinn beträgt 59.500 Euro und liegt damit unter der Buchführungspflicht-Grenze von 80.000 Euro.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Betriebseinnahmen | 95.000 Euro |
| − Betriebsausgaben | 35.000 Euro |
| − geringwertiges Wirtschaftsgut | 500 Euro |
| = Gewinn | 59.500 Euro |
Ergebnis: Die EÜR bleibt die zulässige Gewinnermittlungsmethode, da der Gewinn unter der Buchführungspflicht-Grenze liegt.
Beispiel 3: Unternehmer an der Buchführungspflicht-Grenze
Ein Einzelunternehmer hat 2025 Betriebseinnahmen von 850.000 Euro und Betriebsausgaben von 750.000 Euro. Der Gewinn beträgt 100.000 Euro. Da der Umsatz die Grenze von 800.000 Euro und der Gewinn die Grenze von 80.000 Euro überschreiten, tritt Buchführungspflicht ein.
| Berechnung | Betrag |
|---|---|
| Betriebseinnahmen | 850.000 Euro |
| − Betriebsausgaben | 750.000 Euro |
| = Gewinn | 100.000 Euro |
Ergebnis: Buchführungspflicht nach § 141 AO, da Umsatz 800.000 Euro und Gewinn 80.000 Euro überschritten wurden.
Ausnahmen und Besonderheiten
Gemeinnützige Körperschaften müssen die Anlage EÜR nur abgeben, wenn die Einnahmen einschließlich Umsatzsteuer aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben (nicht aus Zweckbetrieben) die Grenze von 45.000 Euro im Jahr übersteigen (BMF-Anleitung zur Anlage EÜR 2025). Freiberufler, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und auch nicht freiwillig Bücher führen, dürfen unabhängig von der Umsatzhöhe die Ist-Besteuerung beantragen (§ 20 Satz 1 Nr. 3 UStG); die Antragstellung erfolgt beim Finanzamt. Das Finanzamt kann auf Antrag zur Vermeidung unbilliger Härten auf eine elektronische Übermittlung der Einnahmenüberschussrechnung verzichten und akzeptiert eine Gewinnermittlung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck (§ 60 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStDV).
Vorteile
vereinfachte Buchführung: Die EÜR erfordert keine doppelte Buchführung und Bilanzierung, was Zeit und Kosten für kleinere Unternehmen spart.
geringer administrativer Aufwand: Steuerpflichtige müssen nur Einnahmen und Ausgaben dokumentieren, nicht das gesamte Vermögen erfassen.
schnelle Gewinnermittlung: Der Gewinn wird durch einfache Subtraktion ermittelt, ohne komplexe Abschlussmechanismen.
flexible Zeitpunkte: Nach dem Kassenprinzip können Zahlungszeitpunkte gezielt gesteuert werden, um Liquidität zu optimieren.
niedrige Compliance-Anforderungen: Keine Pflicht zur Erstellung von Jahresabschlüssen oder Anhängen, sofern Schwellwerte nicht überschritten werden.
Nachteile
begrenzte Aussagekraft: Die EÜR zeigt nicht das tatsächliche Vermögen des Unternehmens, nur den Gewinn nach Kassenprinzip.
Buchführungspflicht bei Überschreitung: Ab 80.000 Euro Gewinn oder 800.000 Euro Umsatz wird die aufwendigere doppelte Buchführung erforderlich.
elektronische Übermittlung erforderlich: Die Anlage EÜR 2025 muss elektronisch nach § 60 Abs. 4 EStDV übermittelt werden, was technische Anforderungen stellt.
begrenzte Abschreibungsmöglichkeiten: Nur bewegliche Wirtschaftsgüter bis 800 Euro können sofort abgesetzt werden, größere Investitionen erfordern Abschreibungen.
Rückstellungen grundsätzlich nicht zulässig: Unter EÜR werden Rückstellungen (Rücklagen für zukünftige Verbindlichkeiten) grundsätzlich nicht gebildet, da die Abflusszahlung maßgeblich ist. Jedoch bleiben gesetzliche Periodisierungsausnahmen (z. B. § 11 EStG) und Sondervorschriften (z. B. Abschreibungen, § 7g EStG) unberührt.
Fazit
Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung ist eine praktische und kostengünstige Gewinnermittlungsmethode für Freiberufler, Handwerker und kleine Unternehmen, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind. Die vereinfachte Erfassung von Einnahmen und Ausgaben nach dem Kassenprinzip spart Zeit und Ressourcen gegenüber der doppelten Buchführung. Allerdings muss beachtet werden, dass ab 80.000 Euro Gewinn oder 800.000 Euro Umsatz die Buchführungspflicht eintritt und die elektronische Übermittlung der Anlage EÜR 2025 erforderlich ist. Nutzen Sie die Vereinfachung der EÜR solange wie möglich, dokumentieren Sie alle Betriebsausgaben sorgfältig und planen Sie rechtzeitig für den Übergang zur Buchführung, falls Ihre Geschäftstätigkeit wächst.
Häufige Fragen (FAQ)
Wer darf die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nutzen?
Steuerpflichtige, die nicht aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, und die auch nicht freiwillig Bücher führen, dürfen die EÜR nach § 4 Abs. 3 EStG nutzen. Dies gilt insbesondere für Freiberufler, Handwerker und kleine Gewerbetreibende.
Ab wann muss ich zur doppelten Buchführung übergehen?
Buchführungspflicht tritt ein, wenn der Gewinn aus Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft 80.000 Euro im Kalenderjahr überschreitet oder die Umsätze 800.000 Euro im Kalenderjahr übersteigen (§ 141 AO). In diesem Fall ist die EÜR nicht mehr zulässig.
Muss ich die Anlage EÜR auch bei geringen Betriebseinnahmen einreichen?
Alle Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, müssen die Anlage EÜR elektronisch übermitteln, unabhängig von der Höhe der Betriebseinnahmen. Die frühere Regelung, die eine formlose Gewinnermittlung bei Betriebseinnahmen unter 17.500 Euro erlaubte, wurde 2017 abgeschafft. Nur in Härtefällen kann das Finanzamt auf Antrag auf die elektronische Übermittlung verzichten (§ 60 Abs. 4 Satz 2 und 3 EStDV).
Muss die Anlage EÜR elektronisch übermittelt werden?
Die Einnahmenüberschussrechnung muss nach § 60 Abs. 4 EStDV durch Datenfernübertragung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Nur in Härtefällen kann das Finanzamt auf Antrag Ausnahmen gewähren.
Welche Betriebsausgaben kann ich direkt absetzen?
Alle Betriebsausgaben, die unmittelbar der Betriebstätigkeit dienen, können abgesetzt werden. Geringwertige Wirtschaftsgüter bis zu 800 Euro können nach § 6 Abs. 2 EStG im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abgesetzt werden.
Darf ich als Freiberufler die Ist-Besteuerung beantragen?
Freiberufler, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und auch nicht freiwillig Bücher führen, dürfen unabhängig von der Umsatzhöhe die Ist-Besteuerung beantragen (§ 20 Satz 1 Nr. 3 UStG). Die Antragstellung erfolgt beim zuständigen Finanzamt; ohne Antrag gilt die Sollbesteuerung (Rechnungsabgrenzung). Führen sie jedoch freiwillig oder aufgrund einer Verpflichtung Bücher, ist die Ist-Besteuerung nach § 20 Satz 1 Nr. 3 UStG regelmäßig nicht mehr möglich, auch wenn die Umsatzgrenze von 800.000 Euro nicht erreicht wird.
Was sind durchlaufende Posten und wie werden sie behandelt?
Durchlaufende Posten sind Zahlungen, die der Unternehmer nur weitergeleitet hat, ohne sie selbst als Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben zu erfassen. Diese werden bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG nicht berücksichtigt.
Quellen & weiterführende Informationen
Bundesfinanzministerium. "Standardisierte Einnahmenüberschussrechnung nach § 60 Abs. 4 EStDV; Anlage EÜR 2025." https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2025-08-29-anlage-EUER-2025.pdf Zugriff am 5. November 2025. (EÜR-Anforderungen, Charity-Schwelle 45.000 €)
Bundesministerium der Justiz. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 4 Abs. 3 – Einnahmen-Überschuss-Rechnung, durchlaufende Posten, Vermögensverzeichnisse." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__4.html Zugriff am 5. November 2025. (Sätze 1–5)
Bundesministerium der Justiz. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 6 Abs. 2 – Geringwertige Wirtschaftsgüter bis 800 €." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__6.html Zugriff am 5. November 2025. (Sofortabzug)
Bundesministerium der Justiz. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 11 – Zufluss- und Abflussprinzip, 10-Tage-Regel, Verteilung >5 Jahre." https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__11.html Zugriff am 5. November 2025. (Abs. 1–2 Kassenprinzip; Abs. 2 Satz 3 Periodisierung)
Bundesministerium der Justiz. "Abgabenordnung (AO) § 141 – Buchführungspflicht (80.000 € Gewinn / 800.000 € Umsatz)." https://www.gesetze-im-internet.de/ao_1977/__141.html Zugriff am 5. November 2025. (Fassung ab 28.03.2024)
Bundesministerium der Justiz. "Einkommensteuergesetz (EStG) § 60 Abs. 4 EStDV – Elektronische Übermittlung Anlage EÜR, Härtefallausnahme." https://www.gesetze-im-internet.de/estdv_1955/__60.html Zugriff am 5. November 2025.
Bundesministerium der Justiz. "Umsatzsteuergesetz (UStG) § 20 Satz 1 Nr. 3 – Ist-Besteuerung für Freiberufler (Antragserfordernis)." https://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__20.html Zugriff am 5. November 2025.